BayHStA Staatsrat 252
21 Blätter. Unterschriften des Königs, des Kronprinzen und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
Kronprinz Ludwig.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.
Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.
Verlesung von Reskripten
Kobell verliest drei Reskripte. In dem ersten wird die alleinige Kompetenz des Königs betont, die Konstitution vom 1. Mai 1808 authentisch zu interpretieren. Das zweite Reskript zielt auf die streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit der Inhaber von Herrschafts- und Patrimonialgerichten. Das dritte Reskript betrifft die Behandlung administrativ-kontentiöser Streitsachen durch den Geheimen Rat.
{1r} [1.] Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen welche in der auf heute {1v} angeordneten geheimen Raths-Versammlung den Vorsiz zu führen geruheten, wurden durch den General Sekretär [Kobell] die drei allerhöchste Reskripte abgelesen, welche Seine Majestät der König unterm 23ten [!] vorigen Monates und Jahres 1) wegen den Majorats-Angelegenheiten, respec dem Wirkungs Kreise des königlichen geheimen Rathes1134 2) wegen den Verhältnißen der Herrschafts- und sonstigen Patrimonial-Gerichts-Besizer1135 3) wegen Behandlung der an den geheimen Rath gewiesenen streitigen administrativ Gegenständen1136 an den geheimen Rath allergnädigst erlaßen haben.
Seine königliche Majestät der Kronprinz geruheten hierauf
Auswirkungen des Dekrets von Trianon auf das bayerische Recht
Zentner berichtet, wie das französische Dekret von Trianon vom 26. August 1811 in das im Entwurf vorliegende Organische Edikt über Indigenat und Staatsbürgerrecht implementiert werden sollte. Im Mittelpunkt stehen die Erlangung des Indigenats, die Entlassung aus dem ausländischen Untertanenverband, die Naturalisation in Bayern. An der Diskussion beteiligen sich insbesondere die Minister Montgelas und Reigersberg.
2. den königlichen geheimen Rath von Zentner aufzurufen, den bearbeiteten Vortrag über die Anwendung des kaiserlich französischen Dekretes von Trianon vom 26 August 18111137 in dem entworfenen königlichen Edicte über das Indigenat, das Staats-Bürger-Recht, die Rechte der Forensen und Fremden in Baiern1138, zu erstatten.
Geheimer Rath von Zentner, diesem höchsten Aufrufe {2r} gehorsamst genügend, entwikelten in dem anliegenden lytographirten Vortrage1139 *Beilage I* [Marginalie] 1) die Veranlaßung deßelben 2) den Geist und Inhalt des Dekretes von Trianon 3) wie dieses Dekret von Trianon auf das entworfene königliche Edict über das Indigenat, das Staats-Bürger-Recht, die Rechte der Forensen und Fremden in Baiern anzuwenden.
Geheimer Rath von Zentner bemerkten, daß, wenn dieses Dekret von Trianon bei dem entworfenen königlichen Edicte zu Herstellung einer Gleichheit der Rechte eine Anwendung erhalten sollte, so mögte dieselbe bei dem ersten Titel über das Indigenat, und zwar bei den Artikel über die Naturalisazion statt finden.
Nach dem Artikel IV des dießeitigen Ediktes No 2 werde zur Naturalisazion in Baiern die Entlaßung aus dem fremden Unterthans-Verbande erfordert1140. Dadurch fielen alle künftige Reklamazionen und Aussprüche des Staates weg, aus welchem der Naturalisirte austrete. Mit Rüksicht auf Tit. I Artikel 5 des Dekretes von Trianon1141 mögte deßhalb Artikel IV des {2v} dießeitigen Ediktes am Ende nur noch beizufügen sein: aus dem fremden Unterthans Verbande ohne irgend einen Vorbehalt erhalten haben1142. Auch bei Nummer 4 deßelben Artikel nach Litt d unter einem eigenen Buchstaben nämlich e, mögte der Beisaz zu machen sein, post verba sich ansäßig gemacht haben, und e) in jedem dieser Fälle aus dem fremden Unterthans Verbande unbedingt entlaßen worden sein1143.
Aus diesen Beisäzen entstehe die Folge, daß nicht leicht ein Franzose künftig das Indigenat in Baiern erwerben könne. Diejenige Franzosen oder sonstige Fremde, welche die Naturalisazion in Baiern vor dem neuen königlichen Edicte erhalten, mögten nach den ehemaligen Gesezen zu behandeln sein, da das neue Edict nicht zurükwirke, und Sie von Zentner keinen Grund für Baiern fänden, die strenge Entlaßung aus seinem vorigen Unterthans-Verbande, die nach dem neuen Dekrete von Trianon kein Franzose erhalten könne, nachzuholen. Es mögte deßhalb von dieser Umgang zu nehmen sein, dann würden sie ohnehin nach den alten Gesezen behandelt.
{3r} Seine Königliche Hoheit der Kronprinz geruheten über diese Zusäze zu dem Art IV des königlichen Edictes umzufragen.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas erklärten sich für die von dem Referenten vorgetragene Zusäze zu dem Artikel IV, als dadurch die strenge Folge, so aus Anwendung des Dekretes von Trianon auf Baiern entstehen könnten, in etwas gemildert, und dennoch den freundschaftlichen Verhältnißen worin Baiern mit Frankreich gegenwärtig stehe, entsprechen werde. Sie beurtheilten auch diese Zusäze als um so zwekmäsiger, da alle Staaten anfiengen, gleiche Grundsäze anzunehmen und auszuüben.
Auch Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten sich für diese angetragene Zusäze als den humanen Grundsäzen der baierischen Regierung angemeßen, obschon nach strengen Rechten die Ausübung des Retorsions Rechtes ohne Rüksicht auf die dadurch veranlaßt werdende strenge Maaßregeln, sich {3v} rechtfertigen laße.
Da alle königliche geheimen Räthe sich für die von dem Referenten begutachtete Zusäze zu dem Art IV des königlichen Edictes äußerten, und nur geheimer Rath Freiherr von Aretin bemerkten, daß die Untersuchung der Frage, wie diejenige Franzosen, oder sonstige Fremde, welche die Naturalisazion vor dem neuen königlichen Edicte erhalten, zu behandeln seien, Gegenstand des nachfolgenden zweiten Vortrages seine werde, so wurde
beschloßen, bei Seiner Majestät dem Könige auf die von dem Referenten vorgeschlagene Zusäze zu den Nummern 2 und 4 des Artikel IV des neuen Edictes wegen dem Indigenate, dem Staats-Bürger-Rechte, den Rechten der Forensen und Fremden in Baiern allerunterthänigst anzutragen.
In Beziehung auf den Artikel VII1144 dieses neuen königlichen Edictes legten geheimer Rath von Zentner einige Zweifel vor, und bemerkten, daß wenn man den Grundsaz des neuesten französischen Edictes von Trianon annehme, daß ein Franzose nie ganz aufhöre ein Franzose zu sein, daß dieses erst bei den Kindern des in fremden Landen Naturalisirten eintrete, der Arth. VII nothwendig einigen Motifikazionen [!] unterliegen müße. {4r} Allein auch abgesehen von diesem Grundsaze, erforderten die Nummern dieses Artikel einige genauere Bestimmungen.
Nach näherer Auseinandersezung der hiebei eintretenden Ansichten, und nach Vorlage der Gründen, wodurch die in Antrag gebrachte Zusäze sich rechtfertigen, machten geheimer Rath von Zentner folgende Vorschläge. In dem vorliegenden Artikel, wo einzig die Frage seie wie das erworbene Indigenat wieder verloren werde? mögte deßhalb die Nummer 1 ohne weiteren Beisaz zu belaßen sein. Von den weiteren rechtlichen Wirkungen der ohne königliche Bewilligung geschehenen Naturalisazion in einem fremden Lande werde weiter unten an einem schicklichen Orte gehandelt werden.
Auf die von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen über diesen Antrag verfügte Umfrage, äußerten sich Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas verstanden mit dem Referenten, daß in No 1 dieses Art nichts geändert werde, als man noch nicht wiße, wie in Frankreich der wegen der Naturalisazion ausgesprochene Grundsaz {4v} angewendet werde, und es immer bedenklich und hart sein würde, denselben mit allen seinen Folgen anzunehmen. Durch den in dem Artikel IV beschloßenen Beisaz seie hinlängliche Fürsorge getroffen worden, und Sie glaubten, daß man dermal nicht weiter gehen sollte; erforderten neue Umstände neue und strengere Maaßregeln, so könnten dieselbe dann von Seiner Majestät dem Könige getroffen werden.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg entwikelten gleiche Ansichten wie Seine Excellenz Herr Graf von Montgelas, und äußerten, daß gar nichts dabei gewagt scheine, den Nummer 1 des Art VII nach seiner ersten Faßung beizubehalten, und daß wohl einige Unterthanen die Naturalisazion in fremden Staaten nachsuchen, und jedermann unter der wohlthätigen und gerechten Regierung in Baiern bleiben würde. – Der von der französischen Regierung wegen der Naturalisazion aufgestellte Grundsaz seie streng, und führe die Unterthanen derselben in eine Art von Sklaverei zurük, zu deren Nachahmung {5r} Sie nicht anrathen könnten, und so richtig Sie den gegebenen Saz beurtheilten, daß die Anwendung dieses strengen Grundsazes für kleinere Staaten sehr nachtheilig hielten, ebenso nachtheilig hielten Sie denselben auch für größere Staaten, und Sie lebten in der Überzeugung, daß man auch Frankreich von demselben wieder abgehen werde.
Alle übrige königliche geheimen Räthe vereinigten sich mit dem Antrage des Referenten, den Nummer 1 des Artikel VII des Ediktes ohne Zusäze oder Aenderungen beizubehalten, und es wurde von dem königlichen geheimen Rathe
beschloßen, bei Seiner Majestät dem Könige hierauf allerunterthänigst anzutragen.
Geheimer Rath von Zentner machten den weiteren Vorschlag, dem Nummer 2 des Art VII beizusezen „ohne Unsere ausdrükliche Bewilligung“1145. In dieser Bewilligung könne der Zurüktritt in das Vaterland mit den Rechten eines Einheimischen vorbehalten werden. Dann gehe durch die Annahme fremder Civil- oder Militär-Dienste das Indigenat nicht verloren. Ein junger Inländer erhalte einen Ruf auf eine fremde Schule, er wolle aber gegen {5v} sein ursprüngliches Vaterland kein Fremder werden. So habe ein Eingeborner aus dem Main-Kreise die Erlaubniß erhalten, eine Profeßur in Würzburg annehmen zu dürfen, er habe vor der Annahme derselben die Anzeige davon gemacht, und sich den Zurüktritt in sein Vaterland als Einheimischer vorbehalten, welches ihme auch gestattet worden. Derselbe Fall könne statt haben bei Geistlichen, bei Militär-Individuen, bei Künstlern etc. Bei den Militär Individuen würde der Bewilligung gewöhnlich noch besondere Beschränkungen beigesezt, davon werde in Tit. IV ausführlich gehandelt werden müßen; hier bedürfe es nur des vorgeschlagenen Beisazes. In den vereinigten Sectionen hätten einige Mitglieder gegen den Beisaz gestimmt. Sie hätten geglaubt, das Indigenat gehe verloren, wenn die Annahme fremder Dienste auch mit Bewilligung des Regenten geschehe, wenn der Zurüktritt nicht vorbehalten werde. Die Majorität seie dagegen der Meinung gewesen, daß dieser Vorbehalt in der Bewilligung zur Annahme fremder Dienste allezeit begriffen seie, wenn nicht in jener eine gänzliche {6r} Entlaßung aus dem Unterthans Verbande ausgedrükt worden seie.
Seine Königliche Hoheit der Kronprinz geruheten hierüber abstimmen zu laßen.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas erklärten sich vollkommen für den von dem Referenten vorgeschlagenen Beisaz, als die gegebenen Beispiele zeigten, wie nothwendig derselbe seie und dieses auch noch durch andere motiviret werden könnte.
Auch Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg und alle geheimen Räthe, mit Ausnahme der geheimen Räthe Freiherr von Aretin und von Feuerbach stimmten für diesen vorgeschlagenen Beisaz zu Nro 2 des Artikel VII.
Geheimer Rath Freiherr von Aretin äußerten, daß Sie in der Sekzions Sizung bereits Ihre abweichende Meinung vorgelegt, wie Sie glaubten, das Indigenat gehe verloren, wenn die Annahme fremder Dienste auch mit Bewilligung des Regenten geschehe, wenn der Zurüktritt nicht ausdrüklich vorbehalten werde, indeme das Intereße derjenigen, so fremde Dienste nähmen, {6v} sehr oft erheischen, daß aller Verband mit ihrem ersten Vaterlande aufhöre, und es eine Art von Unbilligkeit zu sein scheine, wenn derselbe die Erlaubniß erhalten habe, diese fremde Dienste anzunehmen, sein Glük anderswo zu begründen, und er demohngeachtet daran gehindert werde, weil er noch in dem Verbunde mit seinem Vaterlande bleiben müße. Kein fremder Staat werde unter diesen Bedingungen einen Baiern in seine Dienste aufnehmen. Von dieser, in der Sekzions Sizung schon entwikelten Meinung könnten Sie sich nicht entfernen.
Nach gleichen Ansichten stimmten geheimer Rath von Feuerbach, und bemerkten, wie Sie glaubten, daß es in der Natur der Sache liege, daß ein solcher in fremde Dienste Tretender, wenn dieses auch mit der Erlaubniß des Regenten geschehe, aus allem Verbande mit seinem ersten Vaterlande entlaßen werde, denn sobald nicht der Rüktritt in daßelbe vorbehalten werde, trete er eo ipso aus allem Verbande heraus. Es würde sehr hart für jeden Baiern sein, der sein Glük im Auslande suche, wenn durch andere Bestimmungen als die eben angegebene er daran gehindert werde, denn so stünden zwei Souverainetäten gegen einander, wovon jede Bedingungen seze, die sich {7r} nicht vereinigen ließen; und jeder in fremden Diensten stehende Baier werde in einen unsicheren Zustand gesezt, und laufe Gefahr, mit seinem neuen oder ersten Vaterlande in Kollisionen zu kommen, oder seine Dienste aufgeben zu müßen.
Nach den Abstimmungen der Mehrheit, und da es das Intereße des Staates erfordere, daß jeder in fremden Diensten stehende Baier mit seinem Vaterlande in dem nöthigen Verbande bleibe, und auf Verlangen zurükkommen müße, wenn er nicht ausdrüklich hievon befreiet werde
wurde beschloßen, Seiner Majestät dem Könige den Beisaz in No 2 des Art VII „ohne Unsere ausdrükliche Bewilligung“ allerunterthänigst zu begutachten.
Zu dem Nummer 3 deßelben Artikel brachten geheimer Rath von Zentner die Aenderung in Vorschlag Statt ohne Unsere etc zu sezen wenn nicht Unsere ausdrükliche Erlaubniß von der Annahme erholet oder ertheilt worden ist 1146, um dadurch den Staat zu sichern, daß solche Gefälle, Pensionen oder Dekorazionen von fremden Staaten nicht ohne ausdrükliche Erlaubniß {7v} von einem Baiern nachgesucht und erwirkt würden.
Von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen zur Abstimmung aufgefordert, äußerten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas: daß Sie um so mehr mit diesem Beisaze verstanden, als er mit dem bei dem auswärtigen Departement schon angenommenen und ausgeschriebenen Grundsaze übereinstimme, und sonst Seine Majestät der König, wie es bei einem neueren Falle geschehen, in Verlegenheit kommen müßten, wenn derlei Gefällen, Pensionen oder Dekorazionen von Staaten, mit den Baiern in einigen Verhältnißen stehe, nachgesucht und ertheilt würden.
Von Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg und allen geheimen Räthen wurde nichts gegen diese Aenderung in Nro 3 dieses Artikel erinnert, und sohin
beschloßen, bei Seiner Majestät dem Könige auf dieselbe allerunterthänigst anzutragen.
In No 4 deßelben Artikel machten geheimer Rath von Zentner den Vorschlag ohne Unsere Genehmigung auszulaßen1147, denn durch jede {8r} wahre Auswanderung, sie geschehe mit oder ohne Genehmigung werde das Indigenat verloren; leztere unterliege nebstdem besondern Strafen.
Da diese Auslaßung der angegebenen Worte in Folge der von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen verfügten Umfrage einstimmig als zwekmäsig beurtheilt wurde
so solle hierauf bei Seiner Majestät dem Könige allerunterthänigst angetragen werden.
Auf gleiche Art wurde der vom geheimen Rathe von Zentner vorgeschlagene Beisaz zu dem Artikel VIII am Schluße vorbehaltlich der nach Tit. IV allenfalls noch verwirkten besonderen Strafen angenommen, und deßen Begutachtung
an Seine Majestät den König von dem geheimen Rathe allerunterthänigst beschloßen.
Geheimer Rath von Zentner bemerkten, daß im IV Titel mit Rüksicht auf den Titel II III und IV des Dekretes von Trianon1148 einige strengere Bestimmungen würden nothwendig werden. Geheimer Rath von Zentner entwikelten die Gründe, welche diese strengere Maaßregeln nothwendig machten, und schlugen vor, nach Artikel XVI einen {8v} neuen Artikel einzurüken, der Folgendes ausspreche1149.
Artikel a post XVII. „Diejenige, welche mit Unserer Erlaubniß unter dem Vorbehalte des Zurüktrittes in fremde Dienste getreten sind, bleiben verpflichtet a) in ihr ursprüngliches Vaterland zurükzukehren, sobald sie entweder durch einen an sie gerichteten directen Befehl, oder durch eine General-Verordnung zurükberufen werden, b) der fremden Macht, in deren Dienst sie übergehen wollen, den Diensteid nur unter dem Vorbehalte zu leisten, nie gegen ihr Vaterland zu dienen, c) auch ohne besondere Zurükberufung den fremden Dienst zu verlaßen, sobald diese Macht in Kriegszustand gegen Baiern tritt.“ Die weitere Beschränkungen in Tit. IV des Dekretes von Trianon fänden Sie nicht räthlich aufzunehmen.
Auf die von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen hierüber verfügte Umfrage erklärten sich Seine Excellenz {9r} der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas für diese vorgeschlagene Beschränkung, als der Sache und dem Geiste des Dekretes von Trianon angemeßen, welches nichts als eine wiederholte Anwendung der schon unter der königlichen Regierung in Frankreich in den Lettres des Patentes enthalten gewesenen Anordnungen ausspreche. Die harte, in Frankreich retrowürkende Anordnungen würden dadurch beseitiget, und es seie dieser neue Artikel um so zwekmäsiger, als es für den Staat äußerst unangenehm und gefährlich seie, wenn seine eigene Unterthanen gegen deßen Intereße im Auslande zu handeln sich erlaubten, nur würden sie beisezen, nach gegen ihr Vaterland „oder deßen Aliirte zu dienen“.
Mit Umgehung der übrigen Bestimmungen des IV Titels des Dekretes von Trianon waren Seine Excellenz der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas um so mehr verstanden, als Seine Majestät der König bereits längst allen Höfen erkläret, daß sie nie einen baierischen Unterthanen weder als Gesandten noch in andern gesandschaftlichen Stellen annehmen würden {9v} und hier bereits dem Dekrete von Trianon zuvorgekommen seie.
Mit diesen Ansichten übereinstimmend, äußerten sich Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg und alle geheimen Räthe, nur wurde von den geheimen Räthen Freiherr von Aretin und von Feuerbach bemerkt, daß in Folge des gegen Ihre Meinung zwar angenommenen Beisazes in Nro 2 des Artikel VI ohne Unsere ausdrükliche Einwilligung den Sie als hart beurtheilten, und wurden in Verbindung mit dem neuen Artikel a post XXVII gleich drükende Bestimmungen wie in Frankreich für jeden im Auslande dienenden Baiern aufgestellt würden, und konsequent mit diesem Beisaze hier die Worte unter dem Vorbehalte des Zurüktrittes ausgelaßen werden müßten, da die Bemerkung der geheimen Räthe Freiherr von Aretin und von Feuerbach wegen Auslaßung der Worte unter dem Vorbehalte des Zurüktrittes von allen Mitgliedern als richtig angenommen wurde, so faßte der königliche {10r} geheime Rath den Beschluß
bei Seiner Majestät dem Könige auf Aufnahme des von dem Referenten vorgeschlagenen Artikel a post XXVII mit folgenden Aenderungen und Zusäzen allerunterthänigst anzutragen.
In dem Eingange wären die Worte unter dem Vorbehalte des Zurüktrittes auszulaßen, und in Litt. B nach Vaterland, so wie in Litt. c nach Baiern beizufügen „und deßen Aliirte“.
Geheimer Rath von Zentner legten in dem Vortrage die Gründe vor, aus welchen Sie in dem Artikel XXVIII des königlichen Ediktes, worin der Fall berühret wird, wenn vor der baierischen Civil-Besiznahme Unterthanen aus Gebieten, welche mit Baiern vereiniget worden sind, in fremden Staaten sich niedergelaßen haben, nichts ändern würden, und weßwegen Sie glaubten, daß die darüber ausgesprochene Bestimmungen billig und den Verhältnißen der Sache angemeßen seien, dagegen würden Sie aber den folgenden Artikel XXIX umständlicher faßen. Dieser Artikel seze solche Individuen voraus, welche ohne obrigkeitliche Erlaubniß in einem fremden Gebiete sich aufhalten, oder in fremden Diensten sich {10v} befinden, ohne jedoch aus dem ursprünglichen vaterländischen Verbande gänzlich ausgetreten zu sein. Diese gehörten vorzüglich unter die im Artikel XXIX angeführte Verordnungen.
Damit nun dergleichen Individuen ihr künftiges Schiksal und die Strafen, welche sie im Falle des Ungehorsams erwarteten, im Voraus bestimmt wüßten, so machten geheimer Rath von Zentner den Vorschlag, den Artikel XXIX nach folgender Faßung umzuarbeiten, und folgende neue Artikel XXX, XXXI, XXXII und XXXIII einzureihen1150.
„Artikel XXIX. Sind einige solcher Individuen aus ihrem Vaterlande nicht gänzlich ausgetreten, sondern demselben durch Güterbesiz, Lehens-Verband oder durch sonstige Verhältniße noch verpflichtet geblieben, und haben Sie seit Vereinigung der Gebiete, in welchen sie vormals ihr Domizil hatten, mit Unserm Königreiche, den an Unsere General-Kreis-Kommißariate erlaßenen Verordnungen vom 1 Mai 1809, 14 Juli 1810 und 16 Februar 1811 keine genügende Folge geleistet, so sind gegen dieselbe die über gesezwidrige Auswanderungen und Übertritte in fremde Civil- und Militär Dienst bestehende Verordnungen {11r} in Vollzug zu sezen.
Artikel XXX. Nach diesen Verordnungen seie demnach zu behandeln a) Unsere sämmtliche Unterthanen vom Bürger- und Bauern-Stande, sowohl aus Unsern alten als den neu erworbenen Landen, wenn sie von dem Zeitpunkte, wo die Lande durch die Civil Besiznahme, mit Unserm Königreiche vereiniget worden, in einem fremden Staate sich ansäßig gemacht haben, oder in deßelben Dienst getreten, und seitdem darin geblieben sind, sonach in die Kategorie derjenigen nicht gehören, von welchen im Artikel XXVIII die Rede ist, b) Unsere Unterthanen vom Adel und den ehemaligen gefreiten Ständen, welche nach der ihnen zugekommenen Zurükberufung in ihr Vaterland nicht zurükgekehrt, oder nach der Vereinigung ihres Vaterlandes mit Unserem Königreiche in ausländischen Diensten geblieben sind, ohne Unsere Bewilligung dazu erholet oder erhalten zu haben, c) die durch die rheinische Bundes-Akte Unserer Souverainetät unterworfene ehemalige unmittelbare Güterbesizer, wenn sie in dem ihnen festgesezten Zeitraume über ihr künftiges ständiges {11v} Domizil keine solche Erklärung abgegeben haben, nach welcher sie aus Unserm Unterthans Verbande ausgetreten sind, und nach Verfluß jenes Termins ohne Unsere Bewilligung bereits zu haben, im Auslande sich aufzuhalten fortgefahren haben, oder in fremden Diensten verblieben sind.
Artikel XXXI. In allen künftigen Fällen, wo einer Unserer Unterthanen, zu welcher Klaße er gehören mag, ohne Unsere ausdrükliche Bewilligung dazu verlangt zu haben, in einem fremden Staate sich naturalisiren läßt, oder in deßen Civil- oder Militär-Dienste eintritt, sollen gegen einen solchen, ohne Ausnahme Unsere Verordnungen gegen gesezwidriges Auswandern oder Übertreten in fremde Dienste vollzogen werden.
Artikel XXXIII. [!] Wenn einige dieser Individuen zu dem Adel Unseres Landes gehört haben, oder mit Titel und Ordenszeichen dekoriret waren, so sollen sie aus den Adels- und Ordens-Registern ausgestrichen, und aller Ihrer Ehren Titel verlustig erklärt werden.
Artikel XXXIII. Jeder Baier, der bei einem {12r} gegen Uns ausgebrochenen Kriege gegen sein Vaterland Dienste leistet, wenn er nicht zuvor aus Unserm Unterthans Verbande nach obigen Vorschriften gänzlich entlaßen war, soll als ein Staatsverräther behandelt, und mit den in Unserm Strafgesezbuche gegen ein solches Verbrechen ausgesprochenen Strafen belegt werden.“
Seine Königliche Hoheit der Kronprinz geruheten, über die Artikel XXVIII bis XXXIV umzufragen.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz-Minister Herr Graf von Montgelas äußerten, daß Sie mit der Beibehaltung des Artikel XXVIII nach seiner früheren Faßung, in so weit darunter nur das Auswandern aus dem Reiche verstanden werde, sich vereinigten, da derselbe mit den schon bestehenden Grundsäzen, die practisch auch immer beobachtet würden, übereinstimmen. Eben so erklärten Sie sich für die neu vorgelegte Faßung der Artikel XXIX, XXX, XXXI und XXXII, da dieselbe dem durch Umstände herbeigeführten Isolirungs Sisteme aller Staaten angemeßen. Den Artikel XXXIII beurtheilten Sie zwar als als dem Dekrete von {12v} Trianon und den Rechten angemeßen, allein practisch würde er sehr schwer auszuführen sein, ohne auf eine Menge von Schwierigkeiten zu stoßen, und zu Repreßalien Anlaß zu geben.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg stimmten in Beziehung auf die Artikel XXVIII, XXIX, XXX, XXXI, XXXII und XXXII ganz mit dem Referenten, und glaubten, daß die Bestimmungen des lezten Artikel ohngeachtet der Schwierigkeiten, so dieselben in der Ausführung haben könnten, dennoch in dem Edicte aufzunehmen wären, da das Prinzip, worauf sie beruheten, richtig, und ein Baier, der sich diese Verlezung seiner Unterthans-Pflichten zu Schulden kommen laße, allerdings diese Strafe verdiene. Übrigens blieben dem Regenten dennoch Mittel, die sich bei Anwendung dieses Grundsazes zeigende besondere Anstände und Schwierigkeiten auf andere Arten zu entfernen.
Mit dem Referenten stimmten alle geheimen Räthe, und geheimer Rath Graf von Preising bemerkten, nur daß vielleicht im Artikel XXXII bei Titel das Wort Ehre auszulaßen sein mögte, um nicht der Auslegung Raum zu geben, als ob ein solcher ehrlos {13r} erklärt werde.
Auch erinnerten geheimer Rath Freiherr von Aretin, daß hier, so wie in Art a post XXVII nach Vaterland beigesezt werden müße „oder deßen Aliirte“.
Übereinstimmend mit diesen Aeußerungen wurde von dem königlichen geheimen Rathe
beschloßen, an Seine Majestät den König auf allergnädigste Genehmigung der von dem Referenten vorgeschlagenen Faßung der Artikel XXVIII, XXIX, XXX, XXXI, XXXII und XXXIII mit Auslaßung des Wortes Ehre bei Titel in Artikel XXXIII und mit Beifügung der Worte „oder deßen Aliirte“ allerunterthänigst anzutragen.
Dem alten Artikel XXXII des königlichen Edictes, der nun Artikel XXXVI werde, nach Lehens-Verbindung beizusezen gänzlich entsagt zu haben, und derselben ohne Vorbehalt entlaßen worden zu sein machten geheimer Rath von Zentner den Vorschlag1151, und bemerkten, daß gegen die Artikel XXXIII und folgende des ersten Entwurfes, so wie gegen den Titel V in Beziehung auf das französische Dekret nichts zu erinnern komme.
Bei der von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen {13v} über die Zusäze zu dem alten Artikel XXXII verfügten Umfrage wurden dieselbe ohne Erinnerung angenommen, und
beschloßen, hierauf bei Seiner Majestät dem Könige allerunterthänigst anzutragen1152.
Beiträge zu den Gemeindeumlagen
Da der Vortrag über die Gemeindeumlagen noch nicht in den vereinigten Sektionen des Geheimen Rates vorbereitet worden ist, kann Asbeck seinen Vortrag noch nicht halten.
3. Als Seine Königliche Hoheit der Kronprinz im Begriffe waren, den geheimen Rath Freiherr von Asbek aufzufordern, den Vortrag über die Umlage für die Bedürfniße der Gemeinden zu erstatten, bemerkten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas, daß dieser wichtige Gegenstand noch nicht, wie es in der geheimen Raths-Instrukzion verordnet, bei den vereinigten Sekzionen diskutirt worden1153, und folglich nach einem Befehle Seiner Majestät des Königs dahin verwiesen werden sollte.
Diesem allerhöchsten Befehle zu Folge
wurde dieser Gegenstand zur vorbereitenden Discußion an die geheime Raths-Sectionen des Innern und der Finanzen verwiesen, und sollten die dazu nöthigen Vorträge lytographiret werden1154.
Auflösung der Privatlehen
Aretin beantragt aus Anlaß einer Anfrage des Freiherrn von Stauffenberg – es geht um die Auflösung eines Privatlehens und die Umwandlung in bodenzinsiges Eigentum –, die bestehenden Verordnungen anzuwenden. Die Minister Montgelas und Reigersberg unterstreichen die Gültigkeit des einschlägigen Lehenedikts und der erläuternden Erklärung. Die Mehrheit der Geheimen Räte schließt sich an.
4. Seine Königliche Hoheit der Kronprinz geruheten hierauf, den geheimen Rath Freiherrn von Aretin aufzufordern, den {14r} wegen Ablösung der Privat-Lehen1155 bearbeiteten Vortrag zu erstatten.
Diesem höchsten Auftrage gehorsamst entsprechend, bemerkten geheimer Rath Freiherr von Aretin, in dem anliegenden lytographirten Vortrage1156 *Beilage* [Marginalie] wodurch derselbe veranlaßt worden, so wie den Gegenstand, worum es sich handle. Sie führten die Bestimmungen des Lehen-Ediktes1157 und die deßwegen entstandene Anfragen an, zeigten, welche Erläuterungen hierauf erlaßen worden, welchen Erfolg sie bisher gehabt, und welche neuere Anfrage durch den Freiherrn von Stauffenberg1158 gemacht worden.
Da deßen Vorstellung, welche zwar in der Haupt-Sache entweder geflißentlich oder aus Irrthum auf falsche Ansichten gebauet, übrigens merkwürdig genug seie, um als Object der angeordneten neuen Berathung ganz zur Kenntniß des königlichen geheimen Rathes gebracht zu werden, so lasen geheimer Rath Freiherr von Aretin dieselbe nach ihrem ganzen Inhalte ab.
Dieselben giengen hierauf zu Ihrem Antrage über, führten in Kürze die Gründe an, welche die Mitglieder der Finanz Section des geheimen Rathes in der Sections-Sizung zu einer andern Behandlung {14v} der Privat-Lehen als der königlichen angegeben, und äußerten nach näherer Ausführung derselben Ihre Privat-Meinung, und die Staats-Gründe, so für Aufrechthaltung des Lehen-Ediktes sprechen, bemerkten: daß so wenig es Ihrer Privat-Meinung zusage, Sie aus Staats-Gründen nicht dafür stimmen könnten, daß der § 29 des Lehen-Ediktes1159 und die Leuterazion1160 vom Jahre 1810 über die Auflösung der Privat-Lehen1161 wiederum umgeändert werden sollten, vielmehr glaubten Sie, daß die Vorstellung des Freiherrn von Stauffenberg wiederum an das Ministerial Departement des auswärtigen Angelegenheiten mit dem Anfange zurükzugeben seie daß derselbe nach den bestehenden Verordnungen, welche Seine Majestät abzuändern nicht gedächten, beschieden werden solle.
Die Ministerial Behörde werde sodann die Zurechtweisung von selbst erlaßen, daß die beiden vorgetragenen Allodifikazions-Arten nur alternativ zu verstehen seien, daß dasjenige, was in der Leuterazion von Berechnung des Bodenzinses sage, sich nur auf den Fall verstehe, wenn die Intereßenten auf den Bodenzins Vertrag selbst übereinkämen, daß aber der gesezlich eintretende {15r} Allodifikazions-Weg nach fruchtlos verstrichenem Termine jener des kanonfreien Erbrechts seie.
Sollten aber diese Gründe nicht für überwiegend gehalten, sondern für nöthig erachtet werden, daß eine neue gesezliche Verfügung eintrete, so müßten Sie bitten, den Gegenstand vorerst in den vereinigten Sekzionen des Innern, der Justiz und der Finanzen, gleichwie solches im Februar 1810 geschehen, zur gehörigen Vorbereitung vortragen zu dürfen, ehe ein allerhöchster Beschluß in der Haupt-Sache gefaßt werde.
Geheimer Rath Graf von Törring entwikelten hierauf Ihre Gründe, aus welchen Sie damals bei den Discußionen über die Erläuterung des Lehen-Ediktes gegen Ihre Privat-Überzeugung diejenige Meinung abgegeben, welche geheimer Rath Freiherr von Aretin angeführt und äußerten, daß es eigentlich eine Noth-Meinung gewesen, um die verschiedene Ansichten der übrigen Sections-Mitglieder zu vereinigen1162.
Seine Königliche Hoheit der Kronprinz verfügten über diesen Antrag des Referenten die Umfrage.
{15v} Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas bemerkten, daß das Lehen-Edict ein mit allen Förmlichkeiten erlaßenes Gesez seie, welches nach mehreren und umfaßenden Discußionen von Seiner Majestät dem Könige in Wirkung gesezt worden1163, und demselben stehe das Recht und die Leichtigkeit der Ausführung zur Seite. Sie fänden also um so weniger einen Grund, auf Abänderung deßelben anzutragen, als Sie bereits in einem andern Falle die Gründe vorgelegt, welche es nicht räthlich machen dürften, gegebene Geseze zur Reproposizion zu bringen, Aenderungen dadurch zu veranlaßen, und das, worauf jeder Mensch im Staate sollte zälen können, in einem immer schwankenden ungewißen Zustande zu erhalten, selbst wenn eine kleine Inkonsequenz mit einem gegebenen Geseze verbunden, seie es zwekmäsiger, dieselbe aufrecht zu erhalten, als beständig daran zu ändern. Sie vereinigten sich daher vollkommen mit dem wohl ausgeführten Antrage, diese Sache an das auswärtige Ministerial Departement zurüzugeben.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von {16r} Reigersberg theilten ganz die so eben geäußerte Ansicht in Rüksicht auf das Lehen-Edict, obschon Sie in dem Falle, wo durch ein gegebenes Gesez eine offenbare Ungerechtigkeit begangen werde, keinen Anstand nehmen würden, auf deßen Reproposizion und Abänderung allerunterthänigst anzutragen, allein da dieser Fall bei dem Lehen-Edicte nicht eintrete, und da Sie voraussezen müßten, daß die Ursache, aus welcher zwischen den königlichen und Privat-Lehen unterschieden werde, damals bei den Vereinigten Sekzionen genau geprüft, und alles, was dafür und dagegen spreche, erwogen, und folglich die Gegen-Einwendungen gegen diese verschiedene Behandlung der königlichen und Privat-Lehen nicht für überwiegend beurtheilet worden, so erklärten Sie sich ebenfalls mit Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas für die Annahme der von dem Referenten vorgeschlagenen Rüksendung dieser Vorstellung an das auswärtige Ministerial Departement.
Geheimer Rath Graf von Preising stimmten mit dem Referenten auf Rüksendung {16v} dieser Vorstellung an das auswärtige Ministerial Departement, da Sie bis jezt in der Manipulazion dieser Lehens-Veräußerungen nach dem Lehen-Edicte keine Schwierigkeiten gefunden.
Geheimer Rath Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] fanden zwar, daß bei Festsezung eines Bodenzinses nach 20jährigem Durchschnitte die Wechselbarkeit der Lehen nebst ihrer Heimfälligkeit nicht berechnet worden, und daß es keinem Zweifel unterliege, daß der Verlust für die Privaten hiebei große seie, auch vermißten Sie das Rechtliche in dieser gegebenen Bestimmung, allein, da auch Sie dagegen sich äußern müßten, daß beständige Aenderungen in dem gegebenen Gesez statt finden könnten, so wollten Sie mit dem Referenten den Gegenstand an das auswärtige Ministerial-Departement zurükgeben.
Geheimer Rath Graf von Törring fanden es nicht mehr ausführbar, das Lehen Edict und deßen Erläuterung neuen Discußionen zu untergeben, und dadurch Aenderungen zu veranlaßen. Offenbar bleibe das Intereße der Privaten dabei bedeutend gekränkt, Sie wollten sich aber dennoch mit dem {17r} Antrage des Referenten auf Zurükgabe dieser Vorstellung an das auswärtige Ministerial Departement verstehen, da die gegebene Bestimmungen den Vorzug der Leichtigkeit in der Ausführung für sich hätten.
Geheimer Rath Freiherr von Weichs erklärten sich für Rükweisung des Lehen-Edictes zu den vereinigten Sectionen und für nähere Discußion deßelben, und unterstüzten Ihre Meinung mit den im anliegenden Voto enthaltenen Gründen1164. *Beilage* [Marginalie]
Geheimer Rath von Zentner stimmten mit dem Referenten auf Rükweisung dieser Vorstellung an das auswärtige Ministerial-Departement, da Ihren Ansichten nach Unterschied in der Behandlung der königlichen und Privat-Lehen sehr wohl gegründet seie, und die meisten Lehen dieser Privaten nur Beutel-Lehen1165 seien, wobei in der Regel kein Rükfall statt habe, und folglich ihr Verlust auch nicht so bedeutend sein könne.
Geheimer Rath Graf von Tassis fanden die von der Finanz Section des geheimen Rathes vorgelegten Gründe nicht so bedeutend, um den {17v} in dem Edicte enthaltenen Unterschied darauf zu begründen, und würden diesen Gegenstand zu den Sectionen zur Reproposizion zurükweisen.
Die geheimen Räthe von Effner, von Schenk, Freiherr von Asbek und von Feuerbach erklärten sich für den Antrag des Referenten, daß die Bestimmungen des Lehen Edictes aufrecht erhalten, und diese Vorstellung an das auswärtige Ministerial-Departement zurükgegeben werde.
Da die Mehrheit der Abstimmungen für diese leztere Meinung war
so wurde beschloßen, an Seine Majestät den König den allerunterthänigsten Antrag zu stellen, daß die Vorstellung des Freiherrn von Stauffenberg an das Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten mit dem Anfange zurükzugeben seie, daß derselbe nach den bestehenden Verordnungen, welche Seine Majestät der König abzuändern nicht gedächten, beschieden werden solle.
Vergleiche vor den Patrimonialgerichten
Effner trägt über die Frage vor, ob es in der Kompetenz der Patrimonialgerichte liegt, Vergleiche zwischen streitenden Parteien zu Protokoll zu nehmen. Er bejaht die Frage. Die Minister und die Geheimen Räte schließen sich an. Es ergeht der Beschluß, den Punkt in die zu entwerfende Verordnung über die Patrimonialgerichte aufzunehmen.
5. Seine Königliche Hoheit der Kronprinz forderten den geheimen Rath von Effner auf, den bearbeiteten Vortrag über die Frage: Ob den Patrimonial Gerichten {18r} die Befugniß zustehe, Vergleiche streitender Partheien mit Gültigkeit aufzunehmen, zu erstatten.
Geheimer Rath von Effner legten hierauf in einem schriftlichen Vortrage, der dem Protokolle lytographiret *Beilage* [Marginalie] beiliegt1166, die Veranlaßung deßelben und die hierdurch entstandene Anfrage des Landgerichts Küzing [!] vor, führten an, welches Gutachten das einschlägige Appellazions Gericht über diese Frage abgegeben, welche fernere Anfrage gestellt worden, und nach welchen Ansichten die Hauptfrage beurtheilet.
Geheimer Rath von Effner stimmten als Referent in der Haupt-Sache den gemeinschaftlichen Ansichten der königlichen Ministerien bei, wornach die vorliegende Frage als bejahend entschieden, und die bereits in den Ministerial Voten enthaltene Modifikazionen angenommen werden sollen.
Dieselbe begründeten diese Ihre Meinung durch mehrere in dem Vortrage ausgeführte Motive, beantworteten die gegen dieselbe angebrachten Einreden, und legten folgende Motifikazionen [!] vor, unter welchen den Patrimonial {18v} Gerichten die Vergleichs Aufnahme bewilliget werden könnte: a) Wenn beide, oder wenigstens einer der sich vergleichenden Theile seinen Wohnsiz im dem Bezirke des Patrimonial-Gerichtes habe, b) beide Theile sich ganz freiwillig und ohne Zwang bei diesem Gerichte zu solcher Zeit einfinden, c) alle in den Gesezen zu Eingehung eines gerichtlichen Vergleiches vorgeschriebene Vorbedingungen, Normen und Förmlichkeiten dabei genau beobachtet sind, und d) die Gutsherrschaft des Patrimonial-Gerichtes in der Sache, welche den Gegenstand des Vergleiches ausmacht, nicht selbst betheiliget ist. Es sollten ferners die Patrimonial-Gerichte verbunden sein, in bereits rechtsanhängigen Sachen vom Amts wegen eine beglaubte Abschrift des geschloßenen Vergleiches dem Gerichte, bei welchem der Streit hänge, zur Wißenschaft zuzusenden.
Der nach diesem Antrag bearbeitete Reskripts Entwurf einer allgemeinen Verordnung {19r} wurde vom königlichen geheimen Rathe von Effner abgelesen1167.
Auf die von Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen hierüber verfügte Umfrage, äußerten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Montgelas, daß hier zwei Fragen zu berüksichtigen 1) die Hauptsache 2) die Forme.
In der Hauptsache und rüksichtlich der vorgeschlagenen Modifikazionen seien Sie vollkommen mit dem Referenten verstanden, und glaubten, daß dieses Recht, Vergleiche aufzunehmen, allen Patrimonial Gerichten, welche auch keine kontentiöse Gerichtsbarkeit ausübten, ohnbedenklich einzuräumen seie, da dadurch das wohlthätige Amt eines Friedens-Richters im Reiche vervielfältiget, und ihme eine Befugniß nicht entzogen werde, welche den Patrimonial-Gerichtsherrn schon nach dem Edicte über das Gemeinde-Wesen als Vorständen der Gemeinde zustehe1168.
Nur rüksichtlich der Forme hätten Sie eine andere Ansicht, und seien der Meinung {19v} daß wo Seine Majestät der König eine ohngesäumte Revision der wegen der Patrimonial-Gerichtsbarkeit ergangenen Edicte durch die Lehen- und Hoheits Section angeordnet, keine isolirte Verordnung erlaßen, sondern an Seine Majestät den König der allerunterthänigste Antrag gemacht werden sollte, diese von dem Referenten aufgestellte Grundsäze dem auswärtigen Ministerial-Departement zur Benuzung bei der, der Lehen- und Hoheits Section aufgetragenen Revision mitzutheilen, indeme es Ihnen von dringender Nothwendigkeit scheine, die Grenzen der Patrimonial-Gerichtsbarkeit nach nun erschienenem Edicte wegen ohnverzüglich zu bestimmen, damit jeder wiße, worauf er Anspruch machen könne und damit der ungewiße und schwankende Zustand einmal aufhöre, es folglich nicht geeignet sein dürfte, eine Befugniß der Patrimonial Gerichte einzeln herauszuheben, und dem Haupt-Edicte vorzugreifen.
Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg erklärten sich sowohl für die Haupts-Ansichten {20r} des Referenten als auch für die von demselben vorgeschlagene Form, über die vorliegende Frage gegenwärtig schon eine Verordnung zu erlaßen, wodurch in nichts vorgegriffen werde, da in jedem Falle die Revision der Edicte wegen der Patrimonial-Gerichtsbarkeit, sie möge ausfallen wie sie wolle, von Patrimonial-Gerichten diese Befugniß Vergleiche aufzunehmen, ertheilet werden würde, da dieses denselben schon nach dem Edicte über das Gemeinde-Wesen, worin Sie als Vorstände der Gemeinden aufgestellt worden, zustehe, und eine schleunige Entscheidung dieser Frage um so nothwendiger werde, als das Justiz Ministerium dermal alles aufbiete, um die Rükstände der Landgerichte in Justiz Sachen zu entfernen, wozu die gegenwärtige Verordnung vieles beitragen könne. Finde man Anstände, wegen der bevorstehenden allgemeinen Verordnung die gegenwärtige durch das Regierungsblatt bekannt machen zu laßen, so könnte dieselbe durch die königliche Ministerien ausgeschrieben werden.
{20v} Die königliche geheime Räthe Grafen von Preising, von Arco und von Törring, dann Freiherr von Weichs, von Zentner und Graf von Tassis theilten die Ansicht des Herrn Justiz Ministers Excellenz.
Allein – als geheimer Rath Freiherr von Aretin in Ihrer Abstimmung sich äußerten, wie sie glaubten, die Lehen- und Hoheits Section werde nach erhaltenen Akten in 4 bis 6 Wochen im Stande sein, ihre Arbeiten wegen der Patrimonial Gerichtsbarkeit vorzulegen, und daß folglich die entworfene Verordnung, der Sie, so wie den darin angetragenen Modifikazionen vollkommen beistimmten, bis dahin um so leichter ausgesezt, und die darin enthaltene Bestimmungen mit dem Haupt-Edicte vereiniget werden, wenn durch das Justiz Ministerium die einzelne Anfragen nach diesen Grundsäzen verbeschieden, und die einschlägige Appellazions Gerichte hieran in Kenntniß gesezt würden, schlugen Seine Excellenz, der königliche geheime {21r} Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg den Ausweg vor, nach der Meinung Seiner Excellenz, des königlichen geheimen Staats- und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Montgelas den Antrag an Seine Majestät den König zu stellen, und die einzelne Umfragen durch das Justiz Ministerium nach diesen Grundsäzen verbescheiden, hievon aber sowohl das Appellazions-Gericht als die übrigen Appellazions Gerichte in Kenntniß sezen zu laßen.
Dieser Ausweg wurde von dem königlichen geheimen Rathe angenommen, und in deßen Folge
beschloßen, an Seine Majestät den König den allerunterhänigsten Antrag zu machen, daß Allerhöchstdieselben geruhen mögten, die von dem geheimen Rathe angenommene Grundsäze und Modifikazionen, unter welchen nach der Meinung des Referenten den Patrimonial-Gerichten die Befugniß ertheilet werden könnte, Vergleiche über streitige Privat-Rechts-Sachen aufzunehmen, durch das auswärtige Ministerial Departement der Lehen und Hoheits Section mittheilen zu laßen, um dieselbe bei der zu entwerfenden Haupt-Verordnung {21v} über die Patrimonial-Gerichtsbarkeit einzureihen1169.
Inzwischen wären aber die einzelne Anfragen einiger Appellazions-Gerichte durch das Justiz-Ministerium nach diesen Grundsäzen zu verbescheiden, und hievon sowohl dem königlichen Appellazions-Gerichte als den übrigen Appellazions-Gerichten Nachricht zu ertheilen.
Der König bestätigt die Anträge des Geheimen Rates (6. Januar 1812).
Anmerkungen
In seinem Reskript an den Geheimen Rat vom 22. [!] Dezember 1811, „die Majorats Angelegenheiten respective den Wirkungskreis des geheimen Rathes betreffend“, BayHStA Staatsrat 252, teilte der König mit, er habe nach Einsichtnahme in die Protokolle der Sektionen des Inneren und der Justiz vom 4., 5. und 11. Dezember den ihm vorgelegten Entwurf des Edikts über die bisherigen adeligen Fideikommisse und künftigen Majorate genehmigt.
Diese Mitteilung verband der König mit grundsätzlichen Ausführungen über die Kompetenzen des Geheimen Rates: „Da Wir aber aus diesen letztern [sc. den Protokollen vom 4., 5. und 11. Dezember] ersehen haben, daß über die Befugnisse und Zuständigkeiten des geheimen Rathes eine irrige Ansicht hie und da bestehe, und die Meinung obwalten möchte, als hätten wir denselben zum Bewahrer der von Uns gegebenen Constitution des Reiches [vom 1. Mai 1808, RegBl. 1808, Sp. 985-1000] aufgestellt, das einzelne Mitglied desselben für ihre Erhaltung verantwortlich gemacht, und dasselbe ermächtigt, in einem von Uns ertheilten Ausspruche die Vereinbarlichkeit mit der Constitution zu untersuchen, so finden Wir für nöthig diese Ansicht zu berichtigen. Uns als Schöpfer der Reichs Constitution steht es allein zu, dieselbe zu erläutern. Eine Verantwortlichkeit für die Verletzung derselben haben Wir Unsern Ministern allein auferlegt, und waren nie gesonnen, diese auf die einzelnen Mitglieder des geheimen Rathes auszudehnen. Wir haben denselben nie anders als für die erste berathschlagende Stelle in den wichtigsten administrativ Gegenständen angesehen, welche Wir an ihn durch Unsere Minister bringen lassen wollen; Wir pflegen demselben die Grundzüge mittheilen zu lassen, nach welchen er die Gesetze und administrativ Verordnungen discutirt und entwirft, so wie er auch in allen die innern Angelegenheiten Unsers Reiches betreffenden Gegenständen und in Anständen, den Sinn der Gesetze betreffend, lediglich sein Gutachten Uns vorzulegen hat. Weiter gedenken Wir die Sphäre, in welcher der geheime Rath in den administrativ Geschäften wirken soll, nicht auszudehnen, wo Wir entgegen ihn als richterliche Stelle in allen contentiosen administrativ Gegenständen auf keine Art bis jezt beschränkt, und die durch Stimmen Mehrheit in solchen Fällen geschöpften Erkenntnisse bis jezt niemal abgeändert haben.
Wir können bei diesem in der Konstitution und in dem organischen Edicte über den geheimen Rath [vom 4. Juni 1808, RegBl. 1808, Sp. 1329-1335] deutlich bezeichneten Wirkungskreise eine Überschreitung desselben nicht gerne sehen, und sind zu der Erwartung berechtigt, daß die in diesem Betreffe gegebenen Vorschriften stets genau werden eingehalten werden.“
In seinem Reskript an den Geheimen Rat vom 22. Dezember 1811, „die Verhältnisse der Herrschafts und sonstiger Patrimonialgerichtsbesitzer betreffend“, BayHStA Staatsrat 252 (nach anderer Provenienz auch gedruckt bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 43, S, 221f.), teilte der König mit:
„Da nunmehr der Uns vorgelegte Entwurf des Edictes in Betreff der bisherigen adelichen Fideicommiße und künftigen Majorate Unsere Genehmigung erhalten hat [„Edikt die bisherigen adelischen Fidei-Kommiße, und künftigen Majorate im Königreiche betreffend“ vom 22. Dezember 1811, RegBl. 1812, Sp. 5-54], und nun die Fälle eintreten werden, wo diejenige welche Majorate errichten wollen, oder solche bereits errichtet haben, dann die adelichen Besitzer künftig bleibender Kanzlei-Lehen, welche Wir den Majorats Besitzern gleich gestellt haben, und andere Patrimonial Guts-Besizer ihre Gerichtsbarkeits-Bezirke bilden werden, so wollen Wir vor allem, daß Uns ein umständliches wohlerwogenes Gutachten vorgelegt werde, in welchem die contentiose und voluntäre Jusrisdiction genau ausgeschieden und über ihre Ausübung eine directiv Norm aufgestellt, dann das Verhältniß und die Klassification der Herrschafts- und sonstigen Gerichts-Besitzer genau auseinander gesezt werden solle.
Wir befehlen daher Unserm Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten als Hoheits-Département mit diesem Gutachten die ihm untergeordnete Section in Hoheits-Gegenständen zu beauftragen, und Uns solches seiner Zeit zur Regulirung bestimmter Vorschriften vorzulegen. Dabei sind die von Uns gegebenen Deliberationen vom 31 Dezember 1806 und 19 März 1807 zum Grunde zu legen. Auch sollen zu diesem Ende alle bei Unserm geheimen Rathe hinterliegende, auf diesen Gegenstand Bezug habende Acten an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten abgegeben werden.“
„Décret impérial concernant les Français naturalisés en pays étranger avec ou sans autorisation de l’Empereur, et ceux qui sont déjà entrés ou qui voudraient entrer à l’avenir au service d’une Puissance étrangère“ vom 26. August 1811, Bulletin des lois de l’Empire français, 4. Serie, Bd. 15 (1812), Nr. 7186, S. 182-187 (Erstdruck: Le Moniteur universel Nr. 246 vom 3. September 1811, S. 942). Das Dekret wurde kurz nach Erscheinen in die deutsche Sprache übersetzt: Österreichischer Beobachter Nr. 256 vom 20. September 1811, S. 1051-1053.
Zentner, „Vortrag über die Anwendung des kaiserlich französischen Edikts von Trianon vom 26n August 1811 in dem entworfenen königlichen Edikt über das Indigenat, das Staatsbürgerrecht, die Rechte der Forensen und der Fremden in Baiern“, lithographierter Text, 18 S., BayHStA Staatsrat 252. Randbemerkung: „Beylage No IV zum Geheimen Rathsprot. vom 2. Jänner 1812“; weitere Exemplare: Staatsrat 236; Staatsrat 2489.
Zentner hatte das Organische Edikt „über das Indigenat, das Staatsbürgerrecht, die Rechte der Forensen, und der Fremden in Baiern“ am 5. und 12. September 1811 im Geheimen Rat zur Diskussion gestellt (Protokoll Nr. 33, TOP 3; Protokoll Nr. 34, TOP 1). Er bezieht sich hier auf folgende Stelle: „Artikel IV. Durch Naturalisazion wird das Indigenat erlangt: […] 2.) Wenn ein Fremder seinen gewöhnlichen Wohnsiz in Baiern wirklich genommen, und während 10 Jahren ununterbrochen fortgesezt hat; jedoch muß derselbe während dieser Zeit sich wegen eines Verbrechens keine Strafe zugezogen, und die Entlassung aus dem fremden Unterthans Verbande erhalten haben.“ Lithographierter Text, 18 S., BayHStA Staatsrat 2489 (weiteres Exemplar: Staatsrat 252), hier S. 2.
Tit. I Artikel 5 des Dekrets von Trianon vom 26. August 1811 lautet in zeitgenössischer deutscher Übersetzung: „Die in der Fremde selbst mit Unserer Ermächtigung naturalisirten Franzosen dürfen nie die Waffen gegen Frankreich führen, bei Strafe, vor Unsere Gerichtshöfe gebracht, und zu den im Strafkodex, Buch 3, Artikel 75, aufgeführten Strafen verurtheilt zu werden.“ VOBlatt Nassau 1812, S. 29-33, hier S. 30 (synoptischer Druck, franz./dt.); auch bei Winkopp (Hg.), Der Rheinische Bund 21 (1812), Nr. 7, S. 132-143. Die herangezogene Norm des französischen Strafgesetzbuches von 1810 (Code Pénal, 3. Buch, Art. 75, S. 16) bestimmte, daß jeder Franzose, der die Waffen gegen Frankreich trug, mit dem Tod zu bestrafen war. Sein Vermögen fiel an den Staat. Vgl. die Übersetzung und Kommentierung von Hartleben, Strafgesezbuch, S. 25f.
Vgl. Zentner, „Vorgeschlagene Abänderungen und respec Zusäze zu dem Edikte über das Indigenat, das Staatsbürgerrecht, die Rechte der Forensen und der Fremden in Baiern, mit Rüksicht auf das kaiserlich französische Dekret von Trianon vom 26. August laufenden Jahrs nach dem in dem anliegenden Vortrage entwikelten Motiven“, lithographierter Text, 6 S., BayHStA Staatsrat 252 (weiteres Exemplar: Staatsrat 2489), hier S. 1.
Zentner, Organisches Edikt, BayHStA Staatsrat 2489, S. 4f.: „Artikel VII. Das auf die eine oder die andere Art erworbene Indigenat geht verloren, 1.) durch die im Auslande erworbene Naturalisazion, 2.) durch Annahme fremder Zivil- oder Militair-Dienste, 3.) durch Annahme eines Gehalts, einer Pension, oder eines öffentlichen Ehrenzeichens von einer fremden Regierung, ohne Unsere ausdrükliche Erlaubniß, 4.) durch Auswanderung ohne Unsere Genehmigung, 5.) durch jede Niederlassung im Auslande, woraus die Absicht nicht zurükzukehren, erhellet. 6.) Durch Reisen mit einem Aufenthalte im Auslande, von mehr als einem Jahre, ohne Unsere ausdrückliche Erlaubniß; 7.) durch Anerkennung einer fremden Gerichtsbarkeit, ausser den durch Gesez, Herkommen oder Verträge bestimmten Fälle; 8.) durch Heurath einer Baierin an einen Ausländer; 9.) durch den bürgerlichen Tod.“
Der in der Geheimratssitzung vom 2. Januar geänderte und redigierte Entwurf wurde publiziert als „Edikt über das Indigenat, das Staatsbürger-Recht, die Rechte der Forensen und der Fremden in Baiern“ vom 6. Januar 1812, RegBl. 1812, Sp. 209-226 = DVR Nr. 338, S. 1089-1098. – Zum Fortgang: Protokoll Nr. 52 (Geheimer Rat vom 9. Januar 1812), TOP 1.
OE betr. die „Bildung des geheimen Raths“ vom 4. Juni 1808, Tit. 3, Art. 3-5, RegBl. 1808, Sp. 1333 = DVR Nr. 287, S. 665.
Dazu Schneiderfritz, Phase, S. 54-58.
Das „Edikt über die Lehen-Verhältnisse im Königreiche Baiern“ vom 7. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 1893-1932, hier Sp. 1897-1899, gebot, daß alle Lehen in Zukunft nur vom König ausgingen, § 22. Alle Privatlehen erloschen daher, § 24, und waren zu allodifizieren oder in andere Grundverträge umzuwandeln, § 25. Dazu die Ausführungsbestimmungen, §§ 26-33.
Philipp Carl Schenk Freiherr von Stauffenberg (1773-1839), 1787 Kanoniker zu Würzburg und Augsburg, 1789 in Bamberg. Nach der Säkularisation Großherzoglich-würzburgischer Geheimer Rat, Schulkommissionsdirektor und Universitätskurator. Nach 1814 bayerischer Geheimrat. Vgl. Wunder, Die Schenken, S. 297, 304, 467 (Genealogie); Seiler, Domkapitel, S. 731f.
„Edikt über die Lehen-Verhältnisse im Königreiche Baiern“ vom 7. Juli 1808, § 29 (RegBl. 1808, Sp. 1898): „Der Bodenzins soll sich dergestalt nach den bisherigen Lehen-Einkünften richten, daß sämtliche Lehen-Bürden und Abgaben nach einem zwanzigjährigen Durchschnitte berechnet, und hienach der jährliche Bodenzins bestimmt werden soll.“
Leuterazion (Läuterung) bezeichnet die erklärende Auslegung eines unklaren Rechtssatzes oder eines rechtlichen Sachverhalts, zugleich auch die Erklärung eines dunkel erscheinenden Richterspruchs. Vgl. Oertel, Fremdwörterbuch Bd. 2, S. 527 s.v. Leuteratio; DRW Bd. 8, Sp. 793-797 s.v. Läuterung.
Königliche Erklärung betr. die „Auflösung der Privat-Lehen“ vom 16. August 1810, RegBl. 1810, Sp. 657-660. Dazu Protokolle Bd. 3, Nr. 60 (Geheimer Rat vom 26. Juli 1810), TOP 3, S. 614-618.
Beutellehen bestanden seit dem Ende des 13. Jahrhunderts im bayerisch-österreichischen Raum als Lehen in bürgerlicher oder bäuerlicher Hand, bei denen eine erhöhte finanzielle Abgabe (Laudemium), in der Regel kein jährlicher Lehenszins, in den Beutel des Seniors entrichtet werden mußte. Seit dem 18. Jahrhundert haftete die Bezeichung am Lehensobjekt, nicht mehr am Stand des Lehensmannes. Goez/Spiess, Art. B., in: HRG2 Bd. 1, Sp. 558f.; Goez, Art. B., in: HRG Bd. 1, Sp. 400f.; DRW Bd. 2, Sp. 244f. s.v. B.; vgl. CMBC Tl. 4, Kap. 18, § 4, S. 230f.
Gemäß dem „Edikt über das Gemeinde-Wesen“ vom 24. September 1808 (RegBl. 1808, Sp. 2405-2431), § 101, Ziffer 5 (Sp. 2424), oblag dem Gemeindevorsteher „mit Beiziehung des Gemeinde-Raths“ die „Vermittlung aller unter den Gemeinde-Gliedern entstehenden Streitigkeiten, bevor sie zu einer Gerichtsstelle gelangen können“.
Vgl. OE über die „gutsherrliche Gerichtsbarkeit“ vom 16. August 1812, §§ 89-91, RegBl. 1812, Sp. 1529f. = DVR Nr. 341, S. 1162.