BayHStA Staatsrat 8
9 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
König Max Joseph.
Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Morawitzky; Hompesch.
Beratung des Organischen Edikts über die gutsherrlichen Rechte
Ausgehend von einem Vortrag Montgelas’ wird das von der Organisationskommission entworfene Organische Edikt zur Regelung der Rechte der Grundherren beraten. Montgelas betont die Bedeutung des in das Privateigentum eingreifenden Edikts. Eingehende Diskussionen ergeben sich zu § 35 des Entwurfs über die Aufsichtskompetenz der unteren Forstbehörden sowie zur Frage, ob die grundherrlichen Lasten auch ohne Zustimmung des Grundherren abgelöst werden dürften. Hompesch trägt an, darin gefolgt von Montgelas und Morawitzky, daß kein Zwang angewendet werden dürfe, doch seien alle Abgaben ablösbar zu machen. Der König nimmt den Entwurf mit einigen redaktionellen Änderungen an und bestimmt u.a., daß Ablösungsvereinbarungen der Vertragsautonomie der Parteien überlassen sein sollen.
Teildruck bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 31, S. 173-175.
{1r} 1. Der Gegenstand, worüber der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas Seiner Königlichen Majestät und dem versammelten Ministerio in der auf heute angeordneten geheimen Staats-Konferenz Vortrag erstattete, war das organische Edict, welches {1v} von der Commißion in Organisazions Sachen über die gutsherrlichen Rechte mit den Protocollen vom 27ten und 29 ten vorigen, dann vom 4 ten 6 ten und 12 ten dieses Monats eingesendet worden131.
Freiherr von Montgelas machte Seine Königliche Majestät und das Ministerium auf die Wichtigkeit dieses Edicts aufmerksam, weil es in das Privateigenthum tief eingreife, und weil in staatswirthschaftlichen Rüksichten jede Verfügung, die hierin getroffen werde, einen bedeutenden Einfluß auf das Ganze habe132. Mit einer Note des Ministerial-Justiz Departements seien an das Ministerium des Inneren die rechtlichen Ansichten gekommen, welchen die Gesezkommißion in ihren Berathungen über diesen Gegenstand und über die Erbpacht-Güter und das bodenzinsliche {2r} Eigenthum gefolget. Allein er Freiherr von Montgelas glaube, daß es nicht nöthig sein werde, die Grundsäze, welche die Gesezkommißion aufgestellt, heute vorzutragen, weil solche blos auf zukünftige Bestimmungen Bezug hätten, und weil diese seiner Zeit von dem königlichen Justiz-Minister mit dem Gesez-Buche zur Berathung und Entscheidung vorgelegt werden würden. Der Entwurf der Organisazions Commißion handle aber von Ausübung der gegenwärtig bestehenden grundherrlichen Rechte und da hierüber nach der Konstituzion eine allerhöchste Bestimmung erfolgen müße133, so werde er den Edicts-Entwurf vortragen, und diejenige Stellen, die seiner Ansicht nach einer Aenderung unterliegen könnten, mit den erforderlichen Erläuterungen begleiten.
{2v} Freiherr von Montgelas führte an, wie bei der Organisazions Commißion dieses Edict eingetheilt worden, und las daßelbe nach seinem ganzen Inhalte ab, indem er die Anstände und Bemerkungen, die er für nöthig erachtete beifügte.
Bei dem § 35 wegen der Forst- und Jagd-Polizei erinnert der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch, daß wenn dieser § nach seiner gegenwärtigen Fassung stehen bleibe, der Wirkungskreis des angeordneten königlichen Oberforst-Amtes sehr beschränkt, und jede allgemeine Verbesserung in zwekmäsiger Benuzung der Waldungen *erschwert, wo nicht unmöglich gemacht würde, da die eigenmächtige Benuzung der Gemeinde und eigene Waldungen* [Passage auf dem rechten Seitenrand von anderer Hand ergänzt] dem Systeme einer guten Forstwirthschaft so wie dem Forstinteresse schädlich sei.
Er trug aus diesen und mehreren andern {3r} Gründen, die derselbe auseinander sezte, an, diesem § beizufügen, daß diese Waldungen unter die unmittelbare Forstaufsicht gestellt werden.
Gegen diese Erinnerungen machte der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas mehrere Bemerkungen, und führte an, daß diese Aufsicht der untern Forstbehörden nur zu Chicanen und Exceße führen, und daß jedem Edelmanne in Baiern nach den Gesezen das Recht zustehe, ohne Einmischung der unteren Forstbehörden seine eigene Waldungen nach Gutbefinden besorgen zu lassen, wenn er dadurch den königlichen Forstverordnungen nicht entgegen handle. Zu dem angetragenen Beisaze könne er sich nicht verstehen.
Die königliche geheime {3v} Staats und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas und von Hompesch, so wie auch Herr Graf von Morawizky vereinigten sich, nachdem sie ihre verschiedene Ansichten hierüber wechselseitig auseinander gesezt und Lezterer seine Meinung geäußert hatte, daß Seiner Königlichen Majestät in diesem § folgender Beisaz nach den Worten Forst- und Jagd-Ordnung allerunterthänigst anzutragen wäre: „unter der obersten Aufsicht Unseres obersten Forstamtes“.
Bei dem IIten Abschnitte der von den Rechten der Gutsherrn, die sich auf das Eigenthum beziehen, handeltuntergab der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas der {4r} königlichen allerhöchsten Entscheidung, ob der in dem Anfange dieses Abschnittes aufgestellte Grundsaz, daß die Ablösbarkeit aller darin angeführten grundherrlichen Lasten mit einem Zwange gegen den Gutsherrn verbunden sein solle, der in dem ganzen Abschnitte fortgeführt seie, angenommen, oder ob bei den schon bestehenden die Ablösung der freien Übereinkunft beider Theile überlassen werden solle.
Derselbe führte die Gründe an, die für das eine, und jene, die für das andere sprechen.
Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Hompesch äußerte bei diesem Veranlasse Folgendes.
Die angetragenen Bestimmung eines Maaßstabes und ein Zwang gegen die {4v} Gutsherrn zur Ablösbarkeit der Renten, Grundbarkeit, Laudemien p. scheine ihm eine der schwierigsten Aufgaben, da hiebei die Rechte der Gutsherrn und das Wohl der Unterthanen gleich stark betheiliget, und leicht eines oder das andere gefährdet werden könnte. Es handle sich hiebei um ein Capital-Vermögen von wenigstens 300 Millionen, wovon ohngefähr 1/3 dem Könige, 1/3 den Kirchen und Stiftungen und 1/3 den Privatpersonen gehören möge. Bei einer so ungeheuern Summe könne ein einziger Federzug, ein einziger Gulden im Regulative dieses Vermögens gar leicht um Millionen begünstigen oder verkürzen.
So lange dieser Gegenstand nicht nach allen seinen Nuancen der verschiedenen Lokalitäten und Rechtsverhältnißen untersucht, und die Regierung keinen Weg ausfindig gemacht, {5r} wodurch die Allgemeinheit eines Maaßstabes ohne Ungerechtigkeit gegen den einen oder den andern Theil ausgesprochen werden könne, so lange glaube er, daß eine gesezliche Bestimmung über den Maaßstab und Zwang unterbleiben, und die Sache auf eine einfache und nicht zu tief eingreifende Art behandelt werden könnte.
Aus diesen Ursachen, und weil der Staat als der größte und ausgebreiteteste Grundherr bei der Ablösung dieser Lasten ein Beispiel von Billigkeit und Ohneigennüzigkeit geben werde, welches für die allgemeine Nachfolge von der besten Wirkung sein müße, trage er Freiherr v. Hompesch an, daß Seine Königliche Majestät mit Umgehung aller von der Organisazions Commißion gemachten Anträge über die Verschiedenheit der Maaßstäbe, blos {5v} allein die allgemeine Bestimmung aussprechen möchten, daß alle diese Abgaben, die in dem II ten Abschnitte des Edicts ausgedrükt, ablösbar seien, und daß Allerhöchstdieselben wegen den Mißbräuchen und Exceßen bei Erhebung dieser Abgaben die geeigneten Maaßregeln treffen lassen möchten.
Mit diesem Antrage des königlichen geheimen Staats- und Konferenz Ministers Freiherrn von Hompesch vereinigten sich die königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas und Graf von Morawizky, nachdem Sie Ihre Ansichten dieses Gegenstandes dargelegt.
Seine Königliche Majestät haben, nachdem Sie die Meinungen Allerhöchstihres Ministerii erwogen, in dem vorgetragenen Edicts Entwurfe über die gutsherrlichen Rechte, der {6r} ganz abgelesen wurde, folgende Aenderungen allergnädigst verordnet, die übrigen §§ genehmigt, und wollen, daß diese Aenderung so viel möglich beschleuniget werde, damit der Gesetzkommißion welcher die Mittheilung dieses Edictes zu ihren Arbeiten nöthig, eine Abschrift hievon zugestellt werden könne.
Im § 6 statt gutsherrlichen Gerichte, Patrimonial-Gericht134.
Im § 25 solle die Stelle bei dem Landgerichte als Unter Kreißkommißariat oder weggelassen werden135.
Im § 34 statt gutsherrlichem Grundgericht, Patrimonial Gericht136.
Im § 35 solle nach den Worten Unsere Forst- und Jagd Ordnung, beigefügt werden: unter der oberen Aufsicht Unseres obersten Forst Amtes137.
Der § 38 solle auf folgende Art {6v} gesezt werden: „das ärztliche Dienstpersonale wird in der Regel nur von Uns ernannt, jedoch stehet dem Gutsherrn der Vorschlag der Individuen für ihre Gerichtsbezirke zu138.“
In dem § 73 solle das Wort vorläufig weggelassen, und der Schluß dieses § auf folgende Art abgeändert werden: „So solle es bei diesen Verträgen, nach den am Ort, wo die Güter liegen, vor dem 1ten Jänner 1809 geltenden Gewohnheiten und Gesezen sein Bewenden haben. Jedoch werden alle in den grundherrlichen Verträgen konstituirte ständige und nicht ständige Renten und Bürden für ablösbar erklärt. Die Vereinbarungen hierüber sollen der freien Unterhandlung der Betheiligten überlassen sein, ohne daß derlei Ablösungen als eine Verlezung {7r} der ehemaligen Fideikommiße und gegenwärtigen Majorats Verhältnißen oder anderer gerichtlichen Bestimmungen angesehen und von den Gerichts Stellen behandelt werden solle, wenn das dafür zu leistende Surrogat in Geld nach den Gesezen hergestellt sein wird139.“
Der § 74 solle ausgelassen werden140.
Der Schluß des § 86 der General-Kreis-Commißair wird aber solle weggelassen werden141.
Die §§ 87 bis 104 inclusive sollen weggelassen werden142.
Dem § 107 solle am Schlusse beigesezt werden143: „jedoch behalten alle darüber schon bestehende Verträge ihre Kraft.“
Der § 108 solle ausgelassen werden144.
Der § 109 solle so gesezt werden145: „der Zehend kann aber so {7v} wie alle übrige grundherrliche Renten nach beiderseitigem Einverständniß abgelöst werden.“
Der § 110 solle weggelassen werden146.
Der Anfang des § 111 solle so gesezt werden147: „bis zur Ablösung, die auf einem beiderseitigen Einverständniß beruhet, bleibt der Zehend dem Zehendberechtigten pp.“
Der § 112 solle auf folgende Art abgeändert werden148: „Alle wo und wie immer bestehende Bodenzinsen in Frucht oder in Geld können nach beiderseitiger Vereinbarung abgelöset werden.“
Der Schluß solle ganz weggelassen werden149.
Weitere Arbeiten an grundlegenden Edikten
Auf Antrag von Montgelas befiehlt der König, Experten aus Militär und Justiz zu den Arbeiten an den entsprechenden Edikten hinzuzuziehen. Der König folgt auch dem Antrag des Ministers, Edikte aus dem Bereich des Staatskirchenrechts zu entwerfen. Die Organisationskommission wird aufgefordert, die noch ausstehenden Edikte rasch auszuarbeiten.
2. Der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Freiherr von Montgelas unterrichtete Seine Königliche Majestät von den Gegenständen, {8r} welche von der Commißion in Organisazions Sachen noch zu bearbeiten wären.
Nämlich die Edicte wegen dem abzuändernden Kantonsreglement150, wegen der Gensdarmerie, wegen der National Garde151, wegen den Ordens Statuten152, wegen dem Paßwesen153, und wegen Bildung der Rural Gemeinden154.
Derselbe stellte zugleich die allergehorsamste Anfrage, ob Seine Königliche Majestät zu den Deliberationen über die drei erste Gegenstände nicht einige Militär Personen der Commißion zutheilen, und ob die aus der Gerichtsverfassung folgende organische Edicte und Instructionen, als jene für die Stadt- und Land-Gerichte p. von dem königlichen Justiz-Minister bei dem Justiz Departement allein bearbeitet werden wollten, oder ob dieselbe ebenfalls bei der Commißion vorgetragen werden sollen, auf welch letzteren Falle der dieselbe {8v} entwerfende geheime Justiz Referendär der Commißion wieder beiwohnen müße.
Freiherr von Montgelas machte den Antrag, der Commißion in Organisazions Sachen aufzugeben, die kirchliche Konstituzion des Königreichs und die Organisazion der katholischen und protestantischen Hierargie155, so wie einen Vorschlag zur Organisazion der Polizei für das ganze Königreich156 zu bearbeiten, und auf die gewöhnliche Art Seiner Königlichen Majestät und dem Ministerio vorzulegen, und dabei ihre Arbeiten nach Thunlichkeit zu beschleunigen, damit die Geschäften der Commißion beendiget werden.
Seine Königliche Majestät werden durch eine an das geheime Kriegs Bureau zu erlaßende Note die Ernennung einiger Militär Personen befehlen, die der Commißion in Organisazions Sachen bei der Berathschlagung über das neue Kantons Reglement, über die Gensdarmerie und National Garde beiwohnen.
Wegen den organischen Edicten die als Folge der Gerichtsverfaßung noch zu bearbeiten, wollen {9r} Seine Königliche Majestät, daß dieselbe bei der Organisazions Commißion vorgetragen und diskutirt werden, sohin der diese Edicte entwerfende geheime Justiz Referendär der Commißion wieder beiwohnen solle.
Wegen der noch rükständigen Arbeiten der Organisazions Commißion, und wegen den neueren, die dieselbe nach dem Antrage des geheimen Staats- und Konferenz Ministers Freiherr von Montgelas übernehmen solle, verordnen Seine Königliche Majestät daß der Commißion per Extractum Protocolli eröfnet werden solle, Allerhöchstdieselben erwarteten, sie werde mit gleichem Eifer und Thätigkeit, wie bisher, sich die Vollendung der ihr noch aufgetragenen Arbeiten angelegen sein laßen, und die Entwürfe der Edicten, so schleunig als es nach den Verhältnißen thunlich dem königlichen Ministerio vorlegen.
Bestätigung der Entschließungen durch den König.
Anmerkungen
Der hier diskutierte Entwurf ist im Gegensatz zu den hier erwähnten Protokollen der Organisationskommission erhalten geblieben: Entwurf eines „Organische[n] Edikt[s] über die gutsherrlichen Rechte“, Unterschrift: [Maximilian] v. Branca, undatiert, Bl. 1-21, BayHStA Staatsverwaltung 932, im Folgenden zitiert als „Entwurf eines Edikts über die gutsherrlichen Rechte“.
Konstitution des Königreichs Bayern vom 1. Mai 1808, Tit. I § 5 (RegBl. 1808, Sp. 987; AK Bayerns Anfänge, S. 325): „Der Adel behält seine Titel und, wie jeder Guts-Eigenthümer, seine gutsherrlichen Rechte nach den gesezlichen Bestimmungen […]“.
Entwurf eines Edikts über die gutsherrlichen Rechte (BayHStA Staatsverwaltung 932), Bl. 3r: „§ 6. In der Ausübung der Justiz-Gewalt haben sich die Gutsherrn nach den über die Justiz-Verfassung Unsers Reiches im allgemmeinen und über die gutsherrlichen *Patrimonial* [Korrektur über der Zeile] Gerichte insbesondere kund gemachten organischen Edikten zu achten.“
Ebd., Bl. 6r: „§ 25. Bey der Annahme der Handwerker, bey Verleihung neuer oder Widerbesezung erlöschender Gewerbs-Gerechtigkeiten kömmt den gutsherrlichen Gerichten blos die Instruktion des Gesuches nach der Verordnung vom 5. Jänner 1807 (Regierungsblatt S. 55-58) zu [VO betr. die „Gewerbs-Verleihungen der Patrimonial-Gerichte“vom 5. Januar 1807, RegBl. 1807, Sp. 55-58]; die Bewilligung oder Entscheidung hingegen ist nach den Bestimmungen der angeführten Verordnung bey dem Landgerichte als Unter Kreis Kreiskommissariat oder bey dem General-Kreis Komissär selbst nachzusuchen.“
Ebd., Bl. 7r-7v: „§ 34. Die Anordnungen in Absicht auf allgemeine Landes Kultur gehören zur Oberpolizey, und stehen den General-Kreis-Kommissariaten nach der ihnen ertheilten Instruktion zu; ihre Vollziehung, wie auch die erste Instanz in Kulturstreitigkeiten – insoferne der Gutsherr nicht selbst dabey betheiliget ist – bleibt den gutsherrlichen Grund- *Patrimonial-* [Korrektur über der Zeile] Gerichten überlassen.“
Ebd., Bl. 7v: „§ 35. Die Forst- und Jagd-Polizey, so wie die Forstgerichtsbarkeit verbleibt dem Gutsherrn in ihren eigenen, und in den Gemeinde Waldungen, jedoch sind sie verbunden Unsere Forst- und Jagd-Ordnungen *unter der Ober Aufsicht Unseres obersten Forstamtes* [linksbrüchig ergänzt von der Hand Montgelas’] zu befolgen, und ihre Hintersassen hiezu anzuhalten.“
Ebd., Bl. 8r: „§ 38. Das ärztliche Dienst Personal wird in der Regel nur auf das Gutachten Unseres General-Kreis-Kommissärs von Uns oder ohne Anfrage von ihm ernannt *von Uns ernannt* [linksbrüchig ergänzt von der Hand Montgelas’]; jedoch stehet dem Gutsherrn der Vorschlag der Individuen für ihre Gerichtsbezirke zu.
Ebd., Bl. 14v-15r: „B. Getheiltes Eigenthum. § 73. Wenn der Gutsherr seinen Grund und Boden nicht selbst und auf eigene Regie, oder von andern unter einer von den allgemeinen bürgerlichen Gesezen anerkanten Form bewirthschaften läßt, sondern einen sogenannten Kolonar oder andern ähnlichen grundherrlichen Vertrag über die Bebauung und Benüzung seines eigenthümlichen Grundes eingegangen hat; so solle es vorläufig bey diesen Verträgen nach den am Orte wo die Güter liegen, vor dem 1ten Jänner 1809 geltenden Gewohnheiten und Gesezen inso ferne sein Bewenden haben, daß kein Gutsherr ohne eine billige und verhältnißmäßige Entschädigung der Ansprüche welche ihm rechtmäßig hieraus erwachsen sind, beraubt, und aus dem Besize der bisher bezogenen Geld- und Natural-Renten oder Prästationen gesetzet werden könne. Jedoch werden für diese provisorisch fortbestehenden Verträge folgende Bestimmungen festgesetzet:“ (folgt § 74, s. folgende Anm.). Die korrigierte und ergänzte Fassung entspricht dem Verordnungstext: OE „über die gutsherrlichen Rechte“ vom 28. Juli 1808, RegBl. 1808, § 73, Sp. 1849. – Das Problem der Ablösbarkeit der Grundrenten wurde auch anläßlich der Beratung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches diskutiert: unten Nr. 11 (Staatskonferenz vom 18. August 1808), TOP 2.
Der getilgte Text läßt sich nicht lesen. Die ergänzte Fassung lautet (ebd., Bl. 16v): „§ 86. Wenn Klagen von gutsherrlichen Hintersassen gegen ihre Grundherrn wegen übermäßigen grundherrlichen Foderungen erhoben werden, so sollen sie vor den ordentlichen Gerichten verhandelt werden; der General-Kreis-Kommissär wird aber bey den Verhandlungen zum Besten der Grundholden interveniren.“ Der letzte Halbsatz fehlt im publizierten Verordnungstext: RegBl. 1808, § 85, Sp. 1851.
Ebd., Bl. 16v-19v: „§ 87. Die in den grundherrlichen Verträgen konstituirte Renten bleiben auf immer dem Looskaufe unterworfen. § 88. Dieser Loos Kauf kann theilweise oder im Ganzen geschehen. Sowohl einzelne Abgaben, als Theile derselben können besonders abgelöst werden, solange das Loos Kaufs Kapital bei einer theilweisen Ablösung nicht unter einhundert Gulden rheinisch beträgt. § 89. Der Grundhold kann auf das Recht des Looskaufes zu keiner Zeit Verzicht leisten. § 90. Der Loos-Kauf muß dem Grundherrn ein halbes Jahr vorher von dem Hintersassen angekündiget werden. § 91. Der Loos-Kauf der Grundbarkeit derjenigen Güter welche auf alle Erben ohne Unterschied übergehen, findet gegen den vierten Theil des Schäzungs-Werthes dergestalten statt, daß alle Laudemien, damit verbundene Abgaben und Taxen, auf ewige Zeiten erlöschen. § 92. Die Grundbarkeit derjenigen Güter, welche nicht auf die Person des Untereigenthümers beschränket sind, jedoch auch nicht unbeschränkt auf alle Erben desselben übergehen, sollen mit dem dritten Theile des Schäzungs-Werthes abgelöset, und damit ebenfalls die ewige Befreiung von allen Laudemial-Abgaben und mit selben verbundenen Taxen etc. bewirket werden können. § 93. Die Grundbarkeit derjenigen Güter, welche auf die Person des Besizers allein beschränkt sind, solle mit der Hälfte des Schäzungs-Werthes, und damit vorbemerkte Befreiung von Laudemien, Leibgeldern, Taxen etc. erlangt werden können. § 94. Die Schäzung welche dieser Ablösung zum Grunde zu legen ist, solle nach dem Durchschnitte der drei jüngsten Fälle berechnet, und wo diese nicht aufzufinden wäre, eine neue Schäzung vorgenohmen werden. § 95. Die Ablösung der übrigen grundherrlichen Geld- und Naturalabgaben oder Prästationen hat in der Art statt, daß jeder Gulden der ständigen Geld und Getreid Renten mit dreyßig zu Kapital erhoben werden solle, jeder Gulden der unständigen Geld und Natural Renten hingegen mit fünf und zwanzig zu Kapital anzuschlagen ist. § 96. Die bestimmten Getreid Renten (derjenigen nämlichen deren jährlich anfallender Betrag nach gewißen Maasen z. B. Schäffeln, Mezen, Simra u. s. w. gegeben ist) werden aber in eine bestimte Geld Sume (Anzahl von Gulden, Thalern) verwandelt, indem vorläufig die Getreid Preise nach einem Durchschnitte der jüngsten dreyßig Jahre von 1778 bis 1807 beede einschlüßig, berechnet, und die gefundenen Durchschnits-Preise eines Schäffels Weizen, Korn, Gerste, Haaber u. s. w. mit der Zahl der abzulösenden Schäffel, Mezen, Simra etc. sodann multiplizirt. § 97. Die weitere Multiplikation des auf diesem Wege gefundenen Geldbetrages mit dreyßig giebt die Summe des Loos-Kaufschillings. § 98. Der General-Kreis-Kommissär eines jeden Kreises hat zu dem eben bemerkten Behufe binnen drey Monathen vom 1ten Jänner 1809 an zu rechnen, die Getreid Preise seines Bezirkes nach den Mittelpreisen der jüngsten dreyßig Jahre herstellen zu lassen und öfentlich bekannt zu machen. § 99. Die Grund-Dienste welche nicht in Getreid sondern in andern Naturalien z. B. in Schmalz, Hühnern, Eiern u. s. w. entrichtet wurden sollen nach Durchschnitts Preisen wie oben § 96 festgesetzet ist, in Geld angeschlagen, in Geld-Dienste verwandelt, und in eine ständige aber ablösbare Rente umgeschafen werden, welche sonach unter § 95 ihre fernere Behandlungs Norm findet. Der General Kreis Kommissär hat die Preise dieser Naturalien, wie in § 98 verordnet ist, bekannt machen zu lassen. § 100. Die bishieher in Getreid gereichten Dienste können noch ferner unter der Natur einer ständigen Getreid-Rente fortentrichtet werden, sie bleiben aber nach dem festgesetzten Maasstabe ablößlich. § 101. Die nicht ständigen Getreid oder übrigen Natural Renten sollen vorläufig durch eine Durchschnitts-Rechnung der im § 96 angenohmenen dreyßig Jahre auf ein ständiges Quantum von Körnern oder Naturalien eines Jahres zurükgebracht, sofort dieses nach dem von dem einschlägigen General-Kreis Kommissariate in Gemäßheit der §§ 98. 99 bekannt zu machenden Durchschnitts-Preise zu Kapital erhoben, und auf diesem Wege ist sodann der Loos-Kaufschilling auszumiteln. § 102. Den Theilen bleibt freigestellt, ob sie dergleichen unständige Getreid-Renten in einer bestimten Quantität Körnern wie von den Diensten § 100 festgesetzt ist, fortentrichten oder ob sie sich über die Ablösung sogleich vereinigen wollen. Im ersten Falle wird bey eintretender Ablösung mit dreyßig in dem zweiten aber mit fünf und zwanzig zu Kapital erhoben. § 103. Die übrigen unständigen Natural-Abgaben z. B. grüner und Blut Zehend können nach dem vorgezeichneten Maasstaabe sogleich abgelöset oder in einem ständigen Geld-Zinse fortentrichtet werden. Die Ablösung richtet sich wie im § 102 bestimmt ist. § 104. Der Grundherr und der looskaufende Hintersaß können sich dahin vereinigen, daß der Loos Kaufschilling auf dem frei gemachten Gute ganz oder zum Theil als ein aufkündbares Darlehen verzinßlich stehen bleibe.“
Der Passus fehlt sowohl im korrigierten Entwurf (ebd., Bl. 20r, § 107) als auch in der rechtsgültigen Fassung: „§ 88. Alle gemessene Scharwerk soll nach einem durch besondere Verordnung näher zu bestimmenden Masstabe in eine Geld-Abgabe verwandelt werden“ (OE vom 28.8.1808, RegBl. 1808, Sp. 1852).
Ebd., Bl. 20v: „§ 111 [= § 90 OE vom 28.7.1808, RegBl. 1808, Sp. 1852]. Bis zur Umänderung in eine andere Rente oder bis zur Ablösung *die auf einem beiderseitigen Einverständnis beruhet* [linksbrüchig ergänzt] verbleibt der Zehend dem Zehend Berechtigten nach den jedes Orts üblichen Gesezen, Gewohnheiten, oder nach den bestehenden Verträgen“.
Ebd., Bl. 20v: „c. Boden-Zinse. § 112 [= § 91 OE vom 28.7.1808, RegBl. 1808, Sp. 1852]. Alle wo und wie immer bestehenden Boden-Zinse in Frucht oder in Geld sind auf gleich Art ablöslich *können nach beiderseitiger Vereinbarung abgelöst werden* [linksbrüchig korrigiert].
Ebd., Bl. 20-21r: „§ 113. Die Verleihung neuer Grund-Gerechtigkeiten, die Errichtung von Zehend oder Scharwerks-Verträgen hat künftig nicht mehr statt. § 114. Doch können die Guts-Besizer ihre eigenthümlichen Gründe gegen Vorbehaltung ablöslicher Boden Zinse in Geld oder Getreid andern auf volles Eigenthum ferner überlassen.“ – Fortsetzung: Nr. 9 (Staatskonferenz vom 28. Juli 1808), TOP 2.
Grundlage war das Mandat betr. das „Militär-Kantons-Reglement“ vom 7. Januar 1805, RegBl. 1805, Sp. 245-270; auch bei Kotulla, Verfassungsrecht Bd. 2, Nr. 259, S. 441-457; Auszug: Schimke, Regierungsakten, Nr. 139, S. 708-720. Dazu Buchhold, Triva, S. 289-324. Die Konstitution des Königreichs Bayern vom 1. Mai 1808 bestimmte in Tit. VI § 2: „Die Truppen werden durch den Weg der allgemeinen Militär-Konskription ergänzt“ (RegBl. 1808, Sp. 999; AK Bayerns Anfänge, S. 332).
Anknüpfend an die Bestimmung der Konstitution des Königreichs Bayern vom 1. Mai 1808, wonach „[z]ur Erhaltung der Ruhe in Kriegs-Zeiten […] eine National-Garde, und zur Handhabung der Polizei eine Gensd’armerie“ zu errichten war (Tit. VI § 5, RegBl. 1808, Sp. 999; AK Bayerns Anfänge, S. 332), ergingen folgende Regelungen: Zunächst die VO betr. die „Errichtung einer National-Garde“ vom 6. April 1809, RegBl. 1809, Sp. 657-665, sodann das Edikt betr. die „Errichtung einer Gensd’armerie vom 1. Oktober 1812, RegBl. 1812, Sp. 1737-1784.
Die organisationsrechtliche Grundlage legte das Edikt vom 1. Oktober 1812, RegBl. 1812, Sp. 1737-1784; dazu Hopfenmüller, Vor- und Frühgeschichte, S. 286-300.