BayHStA Staatsrat 223

15 Blätter. Unterschriften des Königs und der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Ignaz Graf v. Arco; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Johann Nepomuk v. Krenner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; Graf v. Welsberg.

Volljährigkeitserklärung

Effner berichtet aus Anlaß des Gesuchs der Söhne des Kaufmanns Hepp über das in München geltende Recht der Volljährigkeit. Danach wird der Jugendliche nicht mit erreichtem 21. Lebensjahr, sondern erst dann volljährig, wenn er sich ansässig macht oder einen ständigen Erwerb nachweisen kann. Effner rät davon ab, diese Rechtspraxis vor Erscheinen des neuen Zivilgesetzbuches zu unterbinden. Der Geheime Rat folgt mehrheitlich dem Antrag. Der vorliegende Einzelfall soll vom Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten entschieden werden.

{1r} 1. Nach Aufforderung Seiner Excellenz des königlichen geheimen Staats und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Montgelas, welche in Abwesenheit Seiner Majestät des Königs in der auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung den Vorsiz führten, erstattete {1v} der königliche wirkliche geheime Rath von Effner über das Gesuch der hiesigen Bürger Söhne Philipp und Joseph Hepp um Erklärung ihrer Volljährigkeit und über die Frage: Soll nicht die in der Stadt München bestehende Observanz, nach welcher die Bürgers Kinder auch nach zurükgelegtem 21ten Lebens Jahre nicht als volljährig und selbstständig erkannt werden, sondern solange hinsichtlich ihres Vermögens unter der Leitung des Vormundschaft Amtes stehen, bis sie einen ständigen Erwerbszweig oder eigenen Heerd erhalten haben, aufgehoben werden? schriftlichen Vortrag, worin dieselbe die Geschichte dieses speziellen Falles vortrugen, und ausführten, worauf die vielleicht seit Jahrhunderten in der hiesigen Stadt bestehende Observanz sich gründe, nach welcher die Kinder der in nexu civico stehenden Eltern nicht mit erreichtem 21tem Jahre, sondern erst bei ihrer Ansäßigmachung oder Ergreifung eines besondern Erwerbszweiges entlaßen werden, wie diese Observanz entstanden, und mit welchem Vortheile für die jüngere Bürgers Söhne sie verbunden.

Geheimer Rath von Effner {2r} führten in ihrem dem Protokoll beiliegenden Vortrage428 *Beilage I* [Marginalie] mehrere Gründe an, aus welchen Sie nicht anrathen könnten, die Abwürdigung dieser Observanz bei Gelegenheit dieser einzelnen Beschwerde auszusprechen, sondern erklärten es vielmehr für sistematischer zu sein, diesen Gegenstand bis zu Erscheinung des neuen Gesezbuches ausgesezt zu laßen, und dann Alles dieses in concreto mit ein und demselben Geseze in ein und demselben Zeitpuncte zu verordnen und in Wirkung gehen zu laßen, wo sodann an die Stelle der alten Verfügungen sogleich eine neue eintreten, und die Ruinen des alten Gebäudes nicht nakt und ohne Surrogat der öffentlichen Schau ausgestellt, auch wegen dem Vormundschafts Amte und den ausgelehnten Geldern die nöthige Rüksichten beobachtet werden könnten, weßwegen geheimer Rath von Effner den Vorschlag machten, das Vormundschafts Amt auf den Fall der Abolizion dieser Observanz und Vormundschaft von diesem Falle früher in stille Kenntniß sezen zu laßen, damit daßelbe wenigstens die sogenannte Amts Kapitalien auf eine Art flüßig mache, daß sie unter die verschiedene Theilnehmer {2v} ausgehändiget werden können.

Geheimer Rath von Effner trugen daher darauf an: daß die allgemeine Abrogazion der erwähnten Lokal-Observanz in hiesiger Stadt dermalen nicht ausgesprochen, sondern hievon Umgang genommen werden möge. Was übrigens das Gesuch der Heppischen Brüder um Dispensation hievon für ihre Person betreffe, so werde es von dem Antrage des königlichen geheimen Ministeriums der auswärtigen Verhältniße abhangen, ob diesem Gesuche statt gegeben werden wolle. Sollte jedoch der königliche geheime Rath der oben angeführten Gründe ungeachtet es für nothwendig halten, Seiner Königlichen Majestät schon jezt auf die Abrogazion der gedachten Lokal Observanz anzurathen, so legten Sie auf diesen Fall einen Entwurf der deßwegen zu erlaßenden Verordnung vor429.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas verfügten über diesen Antrag die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg stimmten dem Antrage des Referenten bei, diese Observanz bis zu {3r} Erscheinung des neuen Civilgesezbuches bestehen zu laßen, und den speziellen Fall der Söhne des Kaufmanns Hepp auf ministeriellem Wege entscheiden zu laßen, weil es nicht anzurathen, in der Gesezgebung Bruchstüke zu erlaßen, und weil zur Zeit noch, wo das preußische, oesterreichsche und gemeine Recht noch in vielen Theilen des Reichs in Ausübung, die Jahre, mit welchen man die Großjährigkeit erreiche, noch sehr verschieden angenommen würden, auch man mit Gewißheit die Vorlegung des neuen Civilgesezbuches zur Prüfung zusichern könne.

Alle übrige Mitglieder des geheimen Rathes, mit Ausnahme des geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco, beurtheilten diesen vorgelegten Gegenstand nach gleichen Ansichten, und die Mehrzal davon fügten ihrer Abstimmung noch bei, daß es ganz zwekmäsig sein werde, das hiesige Vormundschafts Amts [!] in der Stille von dieser allenfalls eintreten könnenden Maaßregel in Kenntniß zu sezen, damit es sich auf diesen Fall vorbereite.

Geheimer Rath Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] äußerten den Wunsch, daß in dem Civilgesezbuche die in ganz Alt-Baiern bestehende Observanz der gerichtlichen {3v} Administrazion des Vermögens der jüngeren Bauern Söhne und Mädcher [!] bis zu ihrer Verheirathung als sehr wohlthätig beibehalten werden möge.

Geheimer Rath Freiherr von Aretin erklärten sich aber gegen die Aufnahme dieser Observanz, so wie aller ähnlichen in das Civilgesezbuch, und äußerten, daß derlei Einrichtungen, wenn sie auch Vortheile gewährten, woran Sie aber zweifelten, blos als polizeiliche nie aber als gesezliche Maaßregeln behandelt werden dürften.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco stimmten für die Beibehaltung dieser in der hiesigen Stadt wegen den Bürger Söhnen bestehenden sehr weisen auf sehr guten Gründen beruhenden Observanz, und würden solche in dem neuen Civilgesezbuche bestätigen, sohin deren Aufhebung nie aussprechen.

Nach der Mehrheit

wurde beschloßen, an Seine Majestät den König den allerunterthänigsten Antrag zu machen, daß über die Aufhebung der in der hiesigen Stadt bestehenden Observanz bis zu Erscheinung des neuen Civilgesezbuches nichts ausgesprochen, der vorliegende Partikular Fall wegen den Heppeschen Söhnen aber an das auswärtige Ministerium zur {4r} Würdigung und Entscheidung ihrer gestellten Bitte rükgegeben, und zugleich das Justiz Ministerium ermachtiget [!] werde, das städtische Vormundschafts Amt in Kenntniß zu sezen, daß daßelbe in der Stille seine Einrichtung dermal schon treffe, um auf den Fall gefaßt zu sein, wo diese Lokal Observanz durch das neue Gesezbuch aufgehoben würde.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas forderten hierauf die königlichen geheimen Räthe Graf von Tassis, von Effner, Freiherrn von Asbek und Grafen von Welsberg auf, die bearbeiteten Rekurs Sachen vorzutragen. In Folge dieses Aufrufes erstatteten

Verteilung von Gemeindegründen (R)

Vortrag Welsbergs über die Verteilung von Gemeindegründen in Alerheim. Er beantragt, den Rekurs aus formellrechtlichen Gründen abzuweisen. Der Geheime Rat folgt dem Antrag.

2. der königliche geheime Rath Graf von Welsberg über die Gemeinde Gründe Vertheilung zu Allerheim im Justizamte Mächingen430 schriftlichen Vortrag431, und bemerkten, daß Sie bereits vor mehreren Wochen über den vorliegenden Kulturs Prozeß in dem geheimen Rathe Vortrag abgelegt, daß aber von dem geheimen Rathe die Abforderung der Akten der ersten Instanz, welche damals abgegangen, und eine Reproposition dieses Gegenstandes beschloßen worden432. {4v} Da diese Akten in der Zwischenzeit eingekommen, so seien Sie bereit, diesen Prozeß nach Ihrem ersten Antrage zu reproponiren.

Sie legten die Geschichte dieser Streitsache und die deßwegen erfolgte Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz wiederholt vor, und erneuerten aus mehreren angeführten Gründen den schon einmal gemachten Antrag, daß der Rekurs an Seine Majestät den König in dieser Kulturs Sache nach zwei bereits vor der Erscheinung des neuen Mandats wegen Regulirung der Kompetenz des geheimen Rathes erlaßenen gleichförmigen Entscheidungen nicht mehr statt finden könne433. Übereinstimmend mit diesem Antrage legte geheimer Rath Graf von Welsberg einen Reskripts Aufsaz an das General Kommißariat des Oberdonau Kreises vor, welchen Sie ablasen434.

In Folge der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügten Umfrage vereinigten sich alle Mitglieder des geheimen Rathes mit Ausnahme des geheimen Rathes Grafen Carl [Maria] von Arco mit diesem Antrage und fügten demselben nur bei, daß dem General Kommißariate die Unterlaßung einer schriftlichen Relation {5r} bei Aburtheilung dieser Streitsache in 2ter Instanz, als der Instruction zuwider, zu ahnden wäre435.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco theilten diese Ansicht des Referenten nicht, sondern waren der Meinung, daß es darauf ankomme, ob die Appellazion der Bauernschaft von der ersten zur zweiten Instanz wegen versäumtem Termin wirklich desert436 gewesen, welches aus den eingesendeten Akten nicht zu eruiren, und aus dem Grunde nicht hergestellt seie, weil bei der 2ten Instanz kein schriftlicher Vortrag erstattet worden. Sie hielten daher die sententia secundae für null, und würden diese Streitsache an das General Kommißariat remittiren, um erst in dem ordentlichen Wege circa merita causae437 zu erkennen.

Nach der Mehrheit der Abstimmungen

wurde der Antrag des Referenten bestätiget, und der hierauf verfaßte Reskripts Entwurf mit dem Beisaze angenommen, daß dem *vormaligen* [Ergänzung über der Zeile; Schreiberhand: Kobell] General Kommißariate des Oberdonau Kreises *und dabey angestellt geweßenen Referenten* [Ergänzung; Schreiberhand: Kobell] die Unterlaßung der Verfertigung einer schriftlichen Relation bei Aburtheilung dieser Streitsache geahndet werden solle438.

Quartierlasten (R)

Vortrag Welsberg: Die Bürgerschaft zu Ansbach beschwert sich, daß die aktiven Staatsdiener des Rezatkreises bei der Finanzierung von Einquartierungen weniger als die übrigen Bürger belastet werden. Welsberg trägt an, die entsprechende Verordnung aufzuheben; die Staatsdiener sollen jedoch nicht zur Entschädigung der nicht begünstigten Bürger angehalten werden. Er fordert zugleich eine neue, allgemeine Regelung der Einquartierungsumlage. Der Geheime Rat bestätigt das Reskript an das Generalkommissariat des Rezatkreises, lehnt die Ausarbeitung einer allgemeinen Einquartierungsverordnung indes ab.

3. Wegen der Beschwerde der {5v} der Bürgerschaft zu Ansbach über das von dem General Commißaire des Rezatkreises im Jahre 1809 erlaßene Einquartierungs Reglement, durch welches die active Staatsdiener in Tragung der Quartiers Lasten gegen die übrige Häüßer Besizer, und sogar gegen die Quieszenten und Pensionirten sehr begünstiget worden, erstattete der königliche geheime Rath Graf von Welsberg ausführlichen schriftlichen Vortrag, worin derselbe die dadurch erwirkte Unzufriedenheit und den Neid der übrigen Eigenthümer und Inwohner zu Ansbach schilderte, und bemerkte, daß erst den 26 Juli 1810, mithin erst nach Verlauf eines vollen Jahres und darüber, von hundert und einigen Dreißig Einwohnern eine förmliche Klage erhoben worden.

Aus dieser Klage, die Referent anführte, zeige sich, daß dieser kontenziöse Gegenstand sich nicht zu einem Rechts Streite nach den gebundenen Formen der Gerichts Ordnung eigne, und hiebei von Formalien keine Rede sein könne, derselbe folglich lediglich im administrativen Wege nach dem Sinne der dießfalls bestehenden allerhöchsten Vorschriften und Verordnungen zu entscheiden sei. Graf von Welsberg führte {6r} also vor allem diese Geseze an, und beleuchtete dieselbe, da sich daraus die Rechtlichkeit oder Unthunlichkeit die Begehren der Bittsteller zu erfüllen, von selbst ergeben werde.

Auf die vorgelegte Beleuchtung dieser gesezlichen Bestimmungen gründete Referent seinen Antrag: daß die Gewährung der ersten Bitte der Rekurrenten wohl keinem Anstande unterliegen könne, nach welcher dieses Reglement für Ansbach für die Zukunft kraftlos zu erklären, und daher aufzuheben seie. Ob aber die dadurch im vorigen Jahre begünstiget gewordene active Staatsdiener noch itzt zu einem Rükersaze an die minder Begüterte und mehr beschädigte Stadt-Einwohner angehalten werden sollen? dieses seie eine Frage, die einer näheren Prüfung bedürfe.

Der Referent der Ministerial Lehen und Hoheits Section trage zwar in seinem Vortrage allerdings auf diesen Ersaz an, und er folgere dieses aus dem bloßen Buchstaben der Geseze, daß nämlich diese Staatsdiener mit Unrecht begünstiget worden seien. Allein aus mehreren Gründen, die Graf von Welsberg anführten, theilten dieselbe diese Meinung nicht, sondern machten den Antrag, daß eine Entschädigung von {6v} Seiten der activen Staatsdiener zu Ansbach, in so weit diese aus der vergangenen Natural-Quartiers Tragung sich herleiten müßte, und nicht schon aus der Gemeinde Konkurrenz für die frühere Zeit von selbsten fließe, dermal als unthunlich nicht mehr statt finde.

Geheimer Rath Graf von Welsberg verbreiteten sich hierauf in Ihrem Vortrage noch über die Ungleichheit des Einquartierungs Reglements und das Willkührliche so dabei herrsche und machten unter Anführung mehrerer Vorschläge, wie ein vollständiges wirksames Reglement einzuführen sein mögte, den allerunterthänigsten Antrag: daß dieser Einquartierungs Gegenstand im Allgemeinen von Seiner Königlichen Majestät mit Berüksichtigung der höchsten Normalien und zugleich der verschiedenen Observanzen in den Kreisen, einer neuen und eigenen Revision durch die betreffende Ministerial Section unterworfen, und daß dann im Allgemeinen oder wenigstens in Hinsicht der Staatsdiener, Pensionisten und Quieszenten, eine feste gleichheitliche und gerechte Einquartierungs Ordnung vorgeschrieben werden möchte. {7r} Geheimer Rath Graf von Welsberg lasen den Entwurf eines an das General Kommißariat des Rezatkreises wegen der Beschwerde der Inwohner zu Ansbach zu erlaßenden Reskriptes ab.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas verfügten hierüber die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg äußerten: daß dem Reglement des General Kommißariates rechtliche Grundsäze und die bekannten geläuterten Begriffe über die Vertheilung der Einquartierungs Last entgegen stünden, bedürfe keiner weitern Ausführung. Der Hauß- und Kapital Vermögens Besizer könne in der Qualität als Staats-Diener gegen den gleichen Besizer solcher Realitäten und Kapitalien keinen Vorzug, eben so wenig der aktive Staatsdiener vor dem Quieszenten und Pensionisten zugetheilt erhalten, wie hier geschehen. Sie mißbilligten daher das Geschehen, und überließen, bei Regulirung der allgemeinen Konkurrenz zu Kriegslasten auf die Begünstigte den geeigneten {7v} Bedacht zu nehmen.

Ein allgemein aufzustellendes Einquartierungs Vertheilungs Sistem fordere mehrere Vorarbeit, und seie eine bekannter Dingen sehr schwierige Aufgabe. Im Ganzen seien Lokal Verhältniße öfters zu berüksichtigen, und nur strenge Aufsicht sichere gegen dabei sich geltend ergebende Mißbräuche. Der nicht ansäßige Staatsdiener müße allerdings dabei in Konkurrenz gezogen werden; er müße sich sogar beeifern, seine Mitbürger nach Kräften zu erleichtern, und hiebei wirke das Beispiel der Vorstände am meisten. Sie würden daher nie auf Befreiung des General Kommißärs p.p. antragen. Durch bereitwillige Aufnahme der kommandirenden Offiziere könne er oft viel Gutes stiften, viel Böses abwenden. Sein Beispiel müße wirken, auf seine gedrükte Untergebene. Doch wie Sie bereits bemerket, dieser Gegenstand fordere gründliche Vorarbeiten. Sie beschränkten daher Ihr Gutachten lediglich auf Mißbilligung des vom General Kommißariate des Rezat Kreises ausgesprochenen Regulatives, und überließen der allgemeinen Konkurrenz Herstellungs Commißion, das Gleichgewicht durch vorzügliche {8r} Berüksichtigung der Begünstigten wieder herzustellen.

Die übrigen Herrn geheimen Räthe stimmten für den Antrag des Referenten über die Beschwerde der Inwohner in Ansbach, nur äußerten einige den Wunsch, daß die Aufhebung des von dem General Kommißariat des Rezat Kreises im Jahre 1809 erlaßenen Reglements, der Entscheidung wegen der geforderten Entschädigung vorgesezt werden mögte.

Alle Mitglieder des geheimen Rathes, mit Ausnahme der geheimen Räthe von Krenner des älteren [d.i. Johann Nepomuk] und von Effner, welche für eine Revision der verschiedenen Einquartierungs Reglements und für Festsezung allgemeiner Normen stimmten, erklärten sich aber gegen diese Revision, weil sie bei den schon bestehenden Reglements und Verordnungen überflüßig, bei den immer berüksichtiget werden müßenden Lokal Verhältnißen nie allgemein gemacht werden könnten, und im Augenblike des Dranges und der Unordnung immer unwirksam bleiben würden.

Nach diesen Abstimmungen wurde beschloßen

den von dem Referenten abgelesenen Reskripts Entwurf an das General Kommißariat des Rezat-Kreises {8v} wegen den Beschwerden der Inwohner von Ansbach zu bestätigen, die vorgeschlagene Revision des Einquartierungs Reglements aber aus den angehörten Gründen zu umgehen439.

Gewerbestreit (R)

Welsberg berichtet über den Streit zwischen den Gewürzhändlern Siller und Prezel einerseits, der Tabakfabrik Stollmaier-Pillisch andererseits. Da keine Urteile der ersten und zweiten Instanz vorliegen, kann der Geheime Rat als dritte Instanz keine Entscheidung fällen. Welsberg beantragt daher Rückverweisung der Sache an die erste Instanz (Landgericht Wegscheid). Der Geheime Rat folgt dem Antrag.

4. Geheimer Rath Graf von Welsberg erstattete wegen der Beschwerde der Spezerei Händler Siller und Prezel440 zu Oberzell441 wider die Stollmaier-Pillische Tabaksfabrik, wegen Verkauf des auf andern inländischen Fabriken erzeugten Tabaks ausführlichen schriftlichen Vortrag, und bemerkten, daß diese zu einem volumnosen Akte erwachsene Gewerbs Streitigkeit in 3ter Instanz zu dem geheimen Rathe zur Entscheidung gekommen, ohne daß, was doch sonderbar scheinen möge, weder von der ersten noch von der zweiten Instanz ein definitives Urtheil in dieser Sache vorliege. Wie sehr dahero von den Unterbehörden in Formalien gefehlt worden sein müße, liege von selbst am Tage, und werde aus der Geschichte sich noch deutlicher ergeben.

Nach Vorlegung dieser Geschichte und der Verhandlungen des Landgerichts Wegscheid und des General Kommißariats des Oberdonau [!] Kreises442, dann nach Anführung der Bitte der Rekurrenten äußerte geheimer Rath Graf von Welsberg, daß bei der {9r} angegebenen Lage der Sachen es offenbar seie, daß das ganze Verfahren und alle einseitige Einschreitungen des General Kommißariats unförmlich seien, und daß in dieser Gewerbs Streitigkeit weder ein Final Urtheil der ersten noch der zweiten Instanz vorliege, und daß daher in merito von dem geheimen Rathe keine Entscheidung gefällt werden könne.

Dieselbe trugen daher darauf an, diesen ganzen Rechts Streit zur Reaßumirung und Entscheidung an die erste Instanz das Landgericht Wegscheid, jedoch mit Vorbehalt der gesezlichen Rekurse zu verweisen, und legten einen mit diesem Antrage übereinstimmenden Reskripts Entwurf an das General Kommißariat des Unterdonau Kreises vor, welchen sie ablasen.

Nach der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügten Umfrage äußerten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg, daß Sie diesen Fall nicht als eine Rekurs Sache zu den administrativ Stellen gehörig ansehen könnten, sondern glaubten, daß da ein gerichtlich abgeschloßener Vergleich gebrochen und angestritten werde, dieser Gegenstand sich vielmehr {9v} zu den Justiz Stellen eigne. Seie dieses nicht der Fall, was aus den vorgelegten Akten nicht deutlich hervorgehe, so seie diese zur Entscheidung des geheimen Rathes nach ihrer bisherigen Instruction443 nicht geeignete Gewerbs Streitigkeit lediglich an das geeignete Ministerium zu verweisen.

Geheimer Rath von Krenner der ältere [d.i. Johann Nepomuk] äußerten, es seie schwer, in dieser nicht ganz hellen Sache zu votiren, da man nicht recht wiße, wohin man die Kläger zu Nachsuchung ihres Rechtes verweisen solle, allein nach dem vorliegenden und angestrittenen Vergleich scheine diese Sache ad viam juris zu gehören.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco waren nicht der Meinung, diese Sache ad primam [sc. Instanz] zur neuen Instrukzion zurükzugeben, sondern glaubten, daß diese Gewerbs-Streit Sache und die Grundlage des vorhandenen Vergleiches sogleich definitiv entschieden werden könnte.

Alle übrige geheimen Räthe vereinigten sich mit dem Antrage des Referenten und dem abgelesenen Reskripts Entwurfe, und so wurde auch nach dem Schluße der Mehrheit

dieser Reskripts Entwurf bestätiget444.

Gewerbestreit (R)

Vortrag Asbecks über den Rekurs des Schankwirts Hirner in Hergertswiesen gegen das Generalkommissariat des Lechkreises. Es geht um die verweigerte Erlaubnis, „bedungene Hochzeiten“ ausrichten zu dürfen. Da Hirner die nötige Konzession niemals erhalten hat, ist der Geheime Rat nicht zuständig; vielmehr soll das Ministerium des Inneren entscheiden. Der Geheime Rat folgt mehrheitlich dem Antrag.

{10r} 5. Geheimer Rath Freiherr von Asbek erstattete über die Rekurs Klage des Schenkwirths Hirner zu Hergotswiesen445 gegen das ehemalige General Kommißariat des Lechkreises446 wegen abgeschlagener Bewilligung, bedungene Hochzeiten halten zu dürfen, schriftlichen Vortrag, und äußerten, nachdem sie die Geschichte dieser Privatsache und die deßwegen von älteren und neueren königlichen Behörden geschehene Verhandlungen vorgelegt hatten, daß der Gegenstand niemals kontentiös gewesen, kein Rechts Streit keine richterliche Entscheidung vorhanden, und ein Rekurs an den königlichen geheimen Rath als höchste Instanz nicht denkbar, auch an und für sich nicht dahin geeignet sei.

Die ältere Akten lieferten den deutlichen Beweis, daß dem Schenkwirth zu Hergotswiesen bis zum Jahre 1790 nie ein Schenkrecht zugestanden worden, daß dem Hirner späterhin von der kompetenten Behörde ein solches verliehen worden, habe er nie zu behaupten gewagt; unter diesen Umständen könne selbst die längere Ausübung eines beschränkten Tafernrechtes447 keine Befugniß hiezu begründen, da nach der Verordnung vom vom [!]10ten Junius 1805 weder in den Städten noch auf dem Lande eine vollkommene oder unvollkommene {10v} Wirthschaft getrieben werden darf, die nicht von der landesfürstlichen Stelle verliehen oder bestätiget ist, wovon nicht einmal jene Wirthschaft aus dem Titel der erforderlichen Verjährung ausgeübt, ausgenommen sind448. Im vorliegenden Falle könne es sich folglich um nichts als um Verleihung des Tafern Rechtes an Hirner handeln.

Ob diese Verleihung nach der Verordnung zuläßig, ob sie nach den Lokalverhältnißen nothwendig oder räthlich seie, dieses zu beurtheilen liege nicht in dem Wirkungs Kreis des geheimen Rathes, dieses seie Sache des Ministeriums des Innern, dahin seie also auch der Rekurs zu verweisen, und ihme die Verfügung zu überlaßen, die für die Umstände paße, worauf Sie auch Ihren Antrag machten.

Auf die von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügte Umfrage vereinigten sich alle Mitglieder des königlichen geheimen Rathes mit diesem Antrage, nur der königliche geheime Rath Graf Carl [Maria] von Arco waren nicht dieser Meinung, sondern blieben bei Ihrer in der Polizei Sections Sizung gegebenen Abstimmung, wornach Sie diese Sache als Gewerbsbeeinträchtigung {11r} von dem königlichen geheimen Rathe entscheiden laßen würden449.

Nach dem Schluße der Mehrheit

solle dieser Gegenstand an das Ministerium des Innern zurükgegeben werden, um die geeignete Verfügung hierauf zu erlaßen450.

Gewerbestreit (R)

Thurn und Taxis berichtet über den Streit zwischen den Bortenmachern und den Krämern in Augsburg. Er beantragt, die Anordnung des Stadtkommissariats zu bestätigen, wonach die Bortenmacher nur mit selbst gefertigten Produkten handeln dürfen. Dagegen beschließen die Geheimen Räte mehrheitlich, den Fall an die erste Instanz (Polizeidirektion Augsburg) zurückzuverweisen und das Verfahren in kontentiös-administrativen Streitsachen bei den Stadtkommissariaten zu optimieren.

6. Der königliche geheime Rath Graf von Tassis erstattete in Sachen der bürgerlichen Krämer zu Augsburg entgegen die dortigen Bortenmacher451, den Handel mit Kram-Waaren betreffend, ausführlichen schriftlichen Vortrag, und führten darin den geschichtlichen Hergang dieser Streitsache an und die Verhandlungen der Polizei Direction in Augsburg, des ehemaligen General Kommißariats des Lechkreises und des Stadt-Kommißariats der Stadt Augsburg an, und machten den Antrag, daß obschon in dem vorliegenden Falle die Akten unvollständig und unförmlich seien, dennoch in Hinsicht auf den Streitpunkt, daß die Krämer der Stadt Augsburg durch den unberechtigten Waaren Handel der Bortenmacher allda beeinträchtiget werden, derselbe dahin zu entscheiden wäre, daß es bei dem Erkenntniße des Stadt-Kommißariats der Stadt Augsburg sein unabänderliches Verbleiben haben solle, daß nämlich die Bortenmacher allda nur mit ihren selbst verfertigten und dahin einschlagenden Fabrikaten {11v} handeln dürften. Die Gründe hiezu wurden in dem Vortrage näher auseinander gesezt, und rüksichtlich der Versäumniß der Fatalien für überflüßig angesehen, etwas anzuführen, weil das Erkenntniß ohnedem den Bortenmachern entgegen sei.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas verfügten über diesen Antrag die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg, und mit Ihnen die königliche geheimen Räthe Graf von Preising und Graf von Arco der ältere [d.i. Ignaz] waren der Meinung, daß da diese Sache nach den Akten nicht im ordentlichen für die kontentiös administrative Gegenstände vorgeschriebenen Wege behandelt worden, welches nach Konstituirung des Stadt Commißariats, das aus einer einzigen Person bestehe, nicht wohl möglich452, so seie es schwer, das Erkenntniß des Stadt Kommißariats zu bestätigen, und sie würden vorziehen, den ergriffenen Rekurs der Bortenmacher als desert453 abzuweisen, wodurch {12r} das Nämliche erreicht würde.

Die königliche geheimen Räthe Graf von Törring und von Zentner stimmten dafür, die Sache an das Ministerium des Innern zu verweisen, weil über diesen, wenn auch schon administrativ kontentiösen Gegenstand noch gar keine ordentliche gerichtliche Instruction vorgenommen, kein Urtheil erlaßen, sondern blos auf administrativem Wege behandelt, begutachtet und erlediget worden, auch das Ministerium des Innern zu beurtheilen im Stande sei, ob nicht den Bortenmachern eine andere Nahrungs Quelle eröfnet werden könne.

Die übrigen Mitglieder des geheimen Rathes erklärten sich dafür, daß dieser kontentiös administrative Gegenstand, der aber von den unteren Instanzen nicht nach den für dieselbe vorgeschriebenen Formen behandelt worden, und von dem Stadt Kommißariate in Augsburg vermög seiner Konstituirung nicht hat können behandelt werden, durch das Ministerium des Innern an die erste Instanz, die Polizei Direction in Augsburg zur geeigneten Instruction als kontentiös administrative Sache vorbehaltlich der gesezlichen Appellazionen zurükgegeben, {12v} und zugleich an Seine Majestät den König der aller­unterthänigste Antrag gestellt werde, durch das Ministerium des Innern die Einleitung allergnädigst treffen zu laßen, daß den Stadt-Kommißariaten, um dieselbe den General-Kommißariaten in derlei administrativ Justiz Gegenständen gleich zu stellen, zwei schon angestellte und sich in loco befindende königliche Diener, oder aber Quieszenten, welche der Rechtswißenschaft kundig, beigegeben werden mögten, um bei Instruirung und Aburtheilung dieser kontentiös administrativen Gegenstände nach der Verordnung vom 17 Juli 1808454 verfahren zu können.

Geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco stimmten für ein Interlocut455, worin die Bortenmacher ihr Recht zum Verkauf anderer als von ihnen selbst verfertigter und dahin einschlagender Fabrikate zu beweisen hätten. Sollte dieser Antrag nicht angenommen werden, so treten Sie der Mehrheit bei.

In Folge dieser Abstimmungen

wurde beschloßen, die von der Mehrzal der geheimen Raths Mitglieder angenommene Meinung zu bestätigen456, und an Seine Majestät den König wegen {13r} zureichender Besezung der Stadt Kommißariate für Instruirung und Aburtheilung der kontentiös administrativen Gegenstände den vorgeschlagenen allerunterthänigsten Antrag zu stellen457.

Streit um öffentlichen Weg (R)

Thurn und Taxis trägt über die Rekursklage des Johann Karl aus Landshut vor. Es geht um die Aufhebung eines öffentlichen Weges zulasten Karls. Thurn und Taxis ist der Ansicht, daß der Fall vom Landgericht Landshut verhandelt werden sollte. Im Widerspruch dazu sieht der Geheime Rat eine Entscheidungskompetenz des Geheimen Rates nicht gegeben und beantragt Rückverweisung an das Ministerium des Inneren.

7. Über die Rekurs Klage des bürgerlichen Schwaiger458 Johann Karl in Landshut und 4 Consorten wegen Kaßirung eines öffentlichen Weges erstattete der königliche geheime Rath Graf von Tassis schriftlichen Vortrag, und äußerten, nachdem sie die geschichtlichen Verhältniße dieser Sache, die Verhandlungen des Polizei Kommißariats Landshut und des General Kommißariats des Isarkreises, so wie auch den Plan des Weges, weßwegen es sich streitet, vorgelegt hatten, quoad formalia, daß der vorliegende Fall, sowohl von der Polizei Behörde Landshut als auch vom General Kommißariate des Isarkreises das Streit Object nicht gehörig berüksichtiget worden, denn der zu verhandelnde Streit-Gegenstand seie weder a) ein Polizei Gegenstand, noch b) eine causa publica, wie das General Commissariat dafür gehalten, noch c) eine Kulturs Sache, worauf die Rekurrenten hinarbeiteten.

Quoad Materialia seie bisher die {13v} die [!] Entbehrlichkeit noch Unentbehrlichkeit des bestehenden Weges nicht hinreichend untersucht worden, denn 1) könnten die von der Polizei Behörde der Stadt Landshut in dem Berichte zum General Kommißariate des Isarkreises angeführten Gründe nicht für ganz gültig angesehen werden, weil die nämliche Intereßenten zu Protokoll vernommen worden, welche früher schon in einer Vorstellung zur Polizei Behörde als Parthei gegen Johann Karl et Consorten aufgetreten seien. 2) Die Rekurrenten hätten in ihrer ersten Vorstellung sich angetragen, den Fahrweg C. D immer in gang und fahrbarem Zustande zu erhalten, hierüber seie bisher noch keine Rüksprache genommen worden. 3) Komme das Hochwaßer gegenwärtig nicht so fast mehr in Anrede, weil der große Waßerbau in Landshut die Stadt und Umgebungen vor Hochwaßer sichere. 4) Nicht allein mit dem Stadtmagistrate sondern auch mit allen denen, welche wie immer bei Aufhebung dieses Weges intereßirt sein könnten, sollte Rüksicht genommen werden, worunter vorzüglich die Wittwe Schambek gehöre. {14r} Am meisten seie zu berüksichtigen, ob die Straße C. D. den Fußweg A. B erseze, d. i. entbehrlich mache.

Aus diesen Gründen waren geheimer Rath Graf von Tassis der Meinung, daß der vorliegende Fall quoad formalia von der geeigneten Behörde, nämlich dem königlichen Landgerichte Landshut ordnungsmäsig und gehörig verhandelt werden solle.

Bei der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügten Umfrage theilten die Mitglieder des geheimen Rathes die Ansicht des Referenten nicht, sondern erklärten, daß dieser Gegenstand weder als administrativ kontentiös noch auch als Kulturs Sache zur Kompetenz des geheimen Rathes sich eigne, sondern als blos polizeilich zum Ministerium des Innern zurükzugeben seie, um nach Lage der Umstände das Geeignete zu verfügen.

Diese Meinung wurde von dem königlichen geheimen Rathe angenommen459.

Kulturstreitsache (R)

Die Gemeinde Bergen beantragt in der im Januar 1811 bereits vor dem Geheimen Rat verhandelten Kulturstreitsache Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, um den Fristenlauf zu stoppen. Effner trägt an, das Gesuch abzuweisen. Der Geheime Rat folgt seinem Antrag.

8. Geheimer Rath von Effner erstattete wegen dem Gesuche der Gemeinde Bergen im Landgerichte Raitenbuch460 um Wiedereinsezung in den vorigen Stand ihrer {14v} Kulturs Streitsache gegen den Ablauf der Fatalien schriftlichen Vortrag, worin dieselbe das Gesuch der Gemeinde Bergen und die Gründe vorlegten, aus welchen der königliche geheime Rath unterm 17 [!] Jänner dieses Jahres das Erkenntniß des General Kommißariats in dieser Kulturs Sache wegen versäumten Fatalien bestätiget461.

Da alle Bewegursachen, welche die Gemeinde in ihrer neueren Vorstellung zu Erhaltung der Restituzion in den vorigen Stand angegeben, von dem Referenten als nicht erheblich beurtheilet wurden, und dieselbe noch beifügten, Sie hätten bereits in ihrem ersten Vortrage gezeigt, daß die Gemeinde Bergen auch nach erhaltener Restituzion in der Hauptsache nach Lage der Akten unterliegen würde, so gründeten geheimer Rath von Effner Ihren Antrag darauf, daß die Gemeinde Bergen mit ihrem Gesuche um Wiedereinsezung in den vorigen Stand abzuweisen seie, indem derselben sonst nur unnüzer Zeitverlust und Kösten verursacht würden. Übereinstimmend mit diesem Antrage legten geheimer Rath von Effner den Entwurf eines Reskriptes an das General Commißariat des Oberdonau Kreises vor, welchen Sie ablasen.

{15r} Nach der von Seiner Excellenz dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Montgelas verfügten Umfrage

wurde dieser Antrag des Referenten von den Mitgliedern des königlichen geheimen Rathes einstimmig angenommen462.

Genehmigung der Anträge des Geheimen Rates sowie Bestätigung der Entscheidungen in Rekurssachen durch den König (12. Mai 1811).

Anmerkungen

428

[Johann Nepomuk] von Effner, „Vortrag in dem geheimen Rathe über das Gesuch der hiesigen Bürgers-Söhne Philipp und Joseph Hepp um Erklärung ihrer Volljährigkeit […]“, lithographierter Text, 6 S. (Überschrift: „Beylage I zum Protocoll vom 9n Mai 1811“), BayHStA Staatsrat 223.

429

„Allgemeine Verordnung die Aufhebung der in hiesiger Stadt noch bestehenden Observanz, nach welcher die Bürgerskinder auch nach zurükgelegtem 21n Lebensjahr bis zur Erhaltung eines ständigen Erwerbszweiges oder eigenen Heerd in Hinsicht ihres Vermögens der Vormundschaft unterworfen sind betr.“, lithographierter Text, 1 S., BayHStA Staatsrat 223.

430

Alerheim und Maihingen sind Pfarrdörfer im Landkreis Donau-Ries, Schwaben.

431

[Johann Nepomuk Graf von] Welsberg, Vortrag, 10 Bll., BayHStA Staatsrat 223.

432

Der erwähnte, nicht abgeschlossene Vortrag im Geheimen Rat wurde nicht im Protokoll festgehalten.

433

Mit VO vom 8. August 1810 war in Landeskulturstreitigkeiten die Berufung zum Geheimen Rat erlaubt, auch wenn „zwei gleichlautende Erkenntnisse der untern Instanzen“ vorlagen. Davor war die Berufung in solchen Fällen nicht erlaubt. Vgl. VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810, Tit. I Art. 1 Nr. 1, RegBl. 1810, Sp. 643.

434

Reskriptsentwurf, 1 Bl., BayHStA Staatsrat 223.

435

Zur Kompetenz der Generalkommissäre in „Kulturstreitigkeiten“ in zweiter Instanz mit Vorbehalt des Rekurses an den Geheimen Rat „bei zwei widersprechenden Entscheidungen“ siehe die „Instruktion für die „General-Kreis-Kommissäre“ vom 17. Juli 1808, RegBl. 1808, Sp. 1649-1682, hier Sp. 1665, § 35 d.

436

Desert: aufgegeben, aufgehoben; Bruns, Amtssprache, S. 31 s.v.

437

Merita causae: Hauptgegenstand, Beweissätze. Hofstätter, Juristisches Wörterbuch, S. 285 s.v.

438

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 680.

439

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 680.

440

Vermutlich Niklas Siller und Johann Pretzl, 1808 als Hauptmann bzw. 2. Leutnant des Bürgermilitärs zu Obernzell nachgewiesen (RegBl. 1808, Sp. 1563).

441

Obernzell, Landkreis Passau, Niederbayern.

442

Muß heißen: Unterdonaukreis.

443

Vgl. OE betr. die „Bildung des geheimen Raths“ vom 4. Juni 1808, RegBl. 1808, Sp. 1329-1335, hier Tit. II: „Geschäftskreis des geheimen Raths“, Sp. 1331f.

444

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 680.

445

Hergertswiesen, Ortsteil von Eurasburg, Landkreis Aichach-Friedberg, Schwaben.

446

Hergertswiesen (Landgericht Friedberg; s. Hiereth, Landgerichte, S. 28) gehörte von 1808 bis 1810 zum Lechkreis, dann zum Isarkreis. Vgl. VO betr. „die Territorial-Eintheilung des Königreichs Baiern“ vom 21. Juni 1808, RegBl. 1808, Sp. 1481-1486, hier Sp. 1484; VO betr. die „Territorial-Eintheilung des Königreichs“ vom 23. September 1810, RegBl. 1810, Sp. 809-816, hier Sp. 814.

447

Das Tafernrecht verpflichtete die jeweiligen Untertanen, „in keiner andern als eben ihres Herrn Tafern Verlöbnisse, Hochzeiten, Tauf- und Todten-Mahle zu halten“. BWB Bd. 1, Sp. 587f. s.v. Tafern, Zitat Sp. 586; DWB Bd. 11 I/1, Sp. 26 s.v. Tafernrecht.

448

Asbeck paraphrasiert hier die VO betr. die „Wirthschaften“ vom 10. Juni 1805, RegBl. 1805, Sp. 732f. (dort statt „erforderliche[] Verjährung“: „unfürdenkliche[] Verjährung“).

449

Vgl. VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810, Tit. I Art. 1 Nr. 3, RegBl. 1810, Sp. 643 (Kompetenz des Geheimen Rates zur Entscheidung in „Gewerbsstreite[n] über Berechtigung zum Gewerbe“).

450

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 680f.

451

Bortenmacher (Bandwirker, Posamentierer) stellten aus Gold, Silber, Seide, Wolle oder Zwirn v.a. Borten, Tressen, Bänder, Schnüre und Fransen zum Einfassen von Männer- und Frauenkleidern her. Vom Ende des 17. Jahrhunderts bis etwa 1750 war Augsburg ein führendes Zentrum der Bortenproduktion in Deutschland, danach ging die Produktion auch durch die Konkurrenz industrieller Fertigung zurück. Vgl. Krünitz, Encyclopädie Bd. 6, Sp. 246-248 s.v. Borten; Augsburger Stadtlexikon S. 303 s.v. Bortenmacher (Reinhold Reith).

452

Gemäß der VO betr. die „Formation der General-Kreis-Kommisariate“ vom 7. Oktober 1810, RegBl. 1810, Sp. 899-904, hier Art. IV, Sp. 902, hatten die Stadtkommissäre in Augsburg und Nürnberg dieselben Verpflichtungen und Befugnisse wie die Generalkommissäre in den Kreisen. Entsprechend waren administrativ-kontentiöse Gegenstände in den genannten Städten im Verfahren ebenso zu behandeln wie auf der Ebene der Kreise, siehe sogleich unten.

453

Desert: aufgegeben, aufgehoben; Bruns, Amtssprache, S. 31 s.v. d.

454

Gemäß der „Instruktion für die General-Kreis-Kommissäre“ vom 17. Juli 1808, § 54, konnten in kontentiösen Gegenständen (aufgezählt in § 45) nur dann „richtige Beschlüsse“ gefaßt werden, wenn in der Kollegialberatung einschließlich des Generalkommissärs mindestens drei Mitglieder anwesend waren, „welche die Eigenschaft der Justiz-Räthe besizen“ (RegBl. 1808, Sp. 1672f.).

455

Ein Interlokut (Neben-, Bei-, Zwischenurteil) ist eine Entscheidung, die in einer prozessualen Nebensache, nicht aber in der Hauptsache ergeht. DRW Bd. 9, Sp. 1410f. s.v. Nebenurteil.

456

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 680.

457

Mit Bekanntmachung betr. die „Entscheidung der administrativ-kontentiösen Gegenstände bei den Stadt-Kommissariaten“ vom 13. Juli 1811, RegBl. 1811, Sp. 890f., bestimmte der König, „daß […] der Stadt-Kommissär verbunden seyn solle, in jeder bei ihm anhängig werdenden administrativ-kontentiosen Rechtssache, auch den Stiftungs-Administrations-Rath, und den ersten oder zweiten Stadtgerichts-Assessor des Ortes, wo das Stadt-Kommissariat seinen Siz hat, beizuziehen, mit ihnen die Sache gemeinschaftlich zu deliberiren, und nach der Stimmen-Mehrheit die erfoderliche Entscheidung zu fällen“ (Sp. 891).

458

Ein Schwaiger bewirtschaftet als Eigentümer oder Pächter eine Schwaige (Viehhof). BWB Bd. 2, S. 627f. s.v. Schwaig.

459

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 681.

460

Bergen und Raitenbuch, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, Mittelfranken.

461

Vgl. Protokoll Nr. 2 (Geheimer Rat vom 10. Januar 1811), TOP 2.

462

Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1811, Sp. 680.