BayHStA Staatsrat 269
10 Blätter. Unterschriften des Königs und des Ministers. Protokoll: Kobell.
Anwesend:
Staats- und Konferenzminister: Reigersberg.
Geheime Räte: v. Zentner1537; Freiherr v. Weichs; Graf v. Thurn und Taxis; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.
{1r} Von Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg, welche in der auf heute angeordneten geheimen Raths Versammlung den Vorsiz führten, aufgefordert, erstatteten die Herrn geheimen Räthe Graf von Tassis, von Effner und Freiherr von Asbek die bearbeiteten Vorträge über folgende Rekurs-Gegenstände.
Verteilung von Gemeindegrund (R)
Thurn und Taxis ist erneut Berichterstatter in der Streitsache zwischen den Groß- und den Kleingütlern in Niedertraubling um das Eigentum an der sog. Galgenlohe. Er stellt den Antrag, die Großgütler zu Eigentümern zu erklären.Weichs und Zentner vertreten die Mindermeinung, die Galgenlohe sei ein Gemeindegut. Die Mehrheit der Geheimen Räte akzeptiert den Reskriptsentwurf des Berichterstatters mit der Änderung, die Eigentumsfrage unentschieden zu lassen; die Galgenlohe wird den Großgütlern zur Verteilung überlassen.
{1v} [1.] Herr geheimer Rath Graf von Tassis reproponirten in Folge des geheimen Raths-Beschlußes vom 6ten Februar dieses Jahrs, nachdeme dieser mit den Entscheidungs Gründen aus dem Protokolle deßelben Tages vorgelesen war1538, die Streitsache der Großbegüterten zu Niedertraubling Landgerichts Stadt am Hof gegen die Kleinbegüterten allda puncto Dominii, und trugen an, den geheimen Rath in Kenntniß zu sezen, wie der den Streitenden rüksichtlich der Galgenlohe auferlegte Beweis geführet worden, aus den Akten den Rezeß der Groß- und Kleingütler, den Vertrag von 1720, die Zeugen-Verhöre, und die hierauf erfolgten Erkenntniße des Landgerichts Stadt am Hof und des General Kommißariats nebst den Entscheidungs Gründen vor.
Dieselben unterlegten hierauf, nachdeme zu näherer Beleuchtung dieses Gegenstandes das vom Herrn geheimen Rathe Grafen Carl [Maria] von Arco im Jahre 1809 in Bezug auf diesen Gegenstand im geheimen Rathe abgegebene Votum abgelesen war1539, aus den in dem Vortrage enthaltenen Gründen der {2r} Entscheidung des königlichen geheimen Rathes folgenden Antrag: daß auf den Beschluß vom 6ten Februar dieses Jahres, wo der königliche geheime Rath sich in diesem Streit-Gegenstande als kompetent erachtet, quoad materialia a) die Galgenlohe als Eigenthum der Großbegüterten zu erklären, b) die Prozeßkösten hinsichtlich der Schmalwiesen dem verlierenden Theile zu erkennen, hisichtlich der Galgenlohe aber zu kompensiren.
Auf die von Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg hierüber verfügte Umfrage erklärten sich die Herrn geheimen Räthe Freiherr von Weichs und von Zentner für die Meinung, daß nach dem Vertrage von 1720 die Galgenlohe als ein Gemeinde-Gut zu betrachten, da dieses Instrument bei Entscheidung dieses Gegenstandes als ein Haupt-Moment beurtheilet werden müße, und durch die Zeugenaußagen nichts und nur so viel {2v} bewiesen worden, daß diese Galgenlohe kein Ausbruch der Felder der Großgütler seie.
Nach diesem Instrumente seie bei Eintauschung der Galgenlohe immer im Namen der ganzen Gemeinde gehandelt worden, und daßelbe folglich auch bei der nun begehrt werdenden Vertheilung als ein Gemeindegut zu behandeln, folglich den Kleingütlern als Mitgliedern der Gemeinde der sie treffende Theil zuzusprechen, nur würden Sie den Kleingütlern, welche rüksichtlich der Benuzung dieser Galgenlohe nach dem Inhalte dieses Vertrages schon abgefunden und entschädiget worden, nicht gleichen Antheil mit den Großgütlern zuerkennen, sondern bei Festsezung des Maaßstabes dieser Vertheilung den Kleingütlern immer so viel weniger zutheilen laßen, als sie bereits durch die Entschädigungen empfangen.
Die übrigen Herrn geheimen Räthe theilten diese Meinung nicht, sondern erklärten sich für jene des Referenten mit Aenderung der Faßung des abgelesenen Reskripts-Entwurfes, da durch den {3r} geführten Beweis und Gegenbeweis eigentlich nichts bewiesen, und die Vertrags Urkunde von 1720 einer verschiedenen Auslegung fähig seie, und man bei Beurtheilung derselben vorzüglich auf den Zeitpunkt und die damals bestandenen Verhältniße in Ansehung der Kultur zurükgehen müße, auch durch das erlaßene Interlocut1540 ausgesprochen seie, daß dieses Vertrags-Instrument nichts für, noch gegen das Eigenthum der Galgenlohe beweise.
Da nun weder von den Großgütlern noch den Kleingütlern in Folge dieses Interlokuts etwas bewiesen, was die Natur dieser Galgenlohe ändere, folglich der Beweis, daß dieselbe kein Eigenthum der Großgütler seie, nicht geführt worden, so gehe aus diesem in Rechtskraft übergegangenen Interlokut die Folge hervor, daß das Eigenthum dieser Galgenlohe den Großgütlern gehöre, welche bei derselben Erwerbung nicht, so wie die Kleingütler eine Entschädigung bereits erhalten.
{3v} Rüksichtlich der Faßung des nach diesem Beschluße zu erlaßenden Reskriptes waren die Herrn geheimen Räthe, welche die Mehrheit bildeten, der Meinung, daß, um keine Rechtsfrage über das Eigenthum zu entscheiden, nach dem Vorschlage des Herrn geheimen Rathes Freiherrn von Aretin reformatorie erkannt werden sollte, wie die Galgenlohe den Großgütlern zur privativen Vertheilung zu überlaßen, übrigens aber das Erkenntniß des General Kommißariates des Regenkreises zu bestätigen wäre.
Der auf diese Art und nach dem Schluße der Mehrheit gefaßte Reskripts Aufsaz
wurde von dem königlichen geheimen Rathe genehmiget1541.
Bankhaus Vollmuth (R)
Asbeck berichtet über die Beschwerde des Bankiers Vollmuth in Augsburg, dessen Gehilfen während der Geschäftsstunden von der Polizei aus dem Kontor abgeführt wurden. Der Berichterstatter vertritt die Meinung, daß der Geheime Rat nicht kompetent ist; auch bei Bejahung der Kompetenz wäre der Rekurs abzuweisen und der Entscheid des Stadtkommisariats Augsburg zu bestätigen. In der Umfrage bejahen alle übrigen Geheimen Räte die Kompetenz des Geheimen Rates. Sie fordern im Anschluß an Asbeck, den Entscheid des Stadtkommissariats zu bestätigen.
2. Über die Beschwerde des Banquier Vollmuth zu Augsburg und seiner 4 Commis1542 gegen das Stadt Kommißariat respec. die Polizei-Direkzion daselbst wegen polizeilicher Wegführung der Commis aus dem Comptoir des Vollmuth zur nothwendigen Geschäftsstunde {4r} und die von demselben und seinen Commis gegen das Erkenntniß des Stadt-Kommißariats ergriffenen Rekurs, erstatteten Herr geheimer Rath Freiherr von Asbeck schriftlichen Vortrag, worin Sie die geschichtliche Veranlaßung zu diesem Rekurse und die Vertheidigung der Polizei-Direkzion in Augsburg ausführten, das Erkenntniß des Stadt-Kommißariates ablasen, und auf Ihre in dem Vortrage entwikelte Gründe den Antrag stüzten, daß dieser Rekurs zur Entscheidung des königlichen geheimen Rathes sich nicht eigne, und Sie dahero für deßen Zurükweisung sich erklären müßten, wenn Sie auch schon aus jedem andern Gesichtspunkte als dem, welchen aufzufaßen Ihnen an dieser Stelle nur gestattet seie, das ganze Benehmen der Polizei Direkzion in vielfacher Beziehung nicht anders als sehr mißbilligen könnten.
Sollte indeßen der königliche geheime Rath der angegebenen Gründen ohngeachtet der Verordnung vom 8ten August 18101543 {4v} eine ausgedehntere Anwendung geben, und in Folge deßen der vorliegende Gegenstand dennoch als zum königlichen geheimen Rathe geeignet beurtheilet werden wollen, so müßten Sie Referent, auch in diesem Falle auf Abweisung der Rekurrenten und auf Bestätigung des Erkenntnißes des Stadt-Kommißariates antragen.
Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek führten die Gründe an, worauf Sie diesen Ihren lezten Antrag stüzten, und lasen den hiernach entworfenen Reskripts-Aufsaz ab.
In Folge der von Seiner Excellenz, dem königlichen geheimen Staats und Konferenz Minister Herrn Grafen von Reigersberg verfügten Umfrage erklärten sich alle Herrn geheimen Räthe dafür, daß der vorliegende Gegenstand nach der Verordnung vom 8ten August 1810 sich zur Entscheidung des königlichen geheimen Rathes eigne, indeme diese Beschwerde doch eine Verlezung des Eigenthumes1544 durch den angegriffenen Kredit und die Hemmung des Vollmuth, daß er seine Commis nicht nach {5r} seinem Bedürfniße habe gebrauchen dürfen, zum Grunde liege. In der Haupt-Sache, und nachdem der königliche geheime Rath durch Herrn Grafen Carl [Maria] von Arco auf ein eingetroffenes Monitorium des Banquier Vollmuth aufmerksam gemacht worden, wo vorkomme, daß Vollmuth noch immer gehindert werde, seine Commis zu seinen Handels-Spekulazionen und Geschäften reisen zu laßen, und dieses Monitorium abgelesen war, erklärten sich hierauf Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs mit dem Antrage des Referenten durchaus verstanden.
Die übrigen Herrn geheimen Räthe waren aber der Meinung, daß zwar das Erkenntniß des Stadt-Kommißariats in Augsburg jedoch in der Art zu bestätigen wäre, daß in jenen Fällen, in welchen der Banquier Vollmuth seine Commis zum Reisen bedürfe, diesen gegen die vom Ersteren zu stellende Kauzion die erforderlichen Reisepäße ertheilt werden sollten.
Der nach diesem Beschluße geänderte Reskripts Aufsaz wurde von dem königlichen {5v} geheimen Rathe genehmiget1545.
Schanklizenz (R)
Freiherr von Lerchenfeld-Aham streitet mit den benachbarten Wirten über das Recht, Bier auszuschenken. Der Berichterstatter Effner trägt an, den Rekurs des Freiherrn abzuweisen. Bevor die Entscheidung mitgeteilt wird, ist vom Ministerium des Inneren zu prüfen, ob dem Freiherrn künftig eine Schanklizenz erteilt werden kann.
3. Herr geheimer Rath von Effner erstatteten über den Rekurs des Freiherrn von Lerchenfeld Aham1546 in Spielsberg1547 in seiner Streitsache mit den nachbarlichen Wirthen wegen Bierschenks-Recht schriftlichen Vortrag, worin Dieselben die Geschichte dieses Streites, die Gründen der streitenden Theilen und die Entscheidungen der untern Instanzen anführten und folgenden Antrag machten:
„In Hinsicht der Rekurs Fatalien seie keine Erinnerung zu machen, da die Rekurs-Schrift in der bestimmten 30tägigen Frist eingereicht worden1548. Was die Kompetenz des königlichen geheimen Rathes in dieser Rekurs Sache betreffe, so walte kein Zweifel ob, daß die Frage: ob dem Freiherrn von Lerchenfeld ein Recht Bier zu schenken gebühre, zum königlichen geheimen Rathe sich eigne, da nach der Verordnung vom 8ten August 1810 Titel I No 2 Gewerbs Streite über Berechtigungen zum Gewerbe oder zwischen mehreren Berechtigten ausdrüklich {6r} in diese Kategorie gehörten1549. Die zweite Frage aber: ob dem Freiherrn von Lerchenfeld, wenn er auch für dermalen ein Bierschenks-Recht nicht in Anspruch nehmen könne, für die Zukunft eine solche Konzeßion ertheilt werden sollte, seie nach Ihrer Meinung nicht zum geheimen Rathe, sondern zum königlichen Ministerium des Innern geeignet. In der Hauptsache frage es sich, ob die Verhandlungen des Landgerichts und des General-Kommißariates in dieser Sache nicht, wie Rekurrent behaupte, wegen Mangel der erforderlichen Instrukzion und Vernehmung des Beklagten mit unheilbarer Nichtigkeit behaftet, sohin aufzuheben, und eine neue Instrukzion dieses Streites zu verordnen seie.“
Nach Widerlegung dieser lezten Frage und der zu Unterstüzung derselben angebrachten Gründen, äußerten Dieselben, der einzige von einiger Erheblichkeit seie, daß der Rekurrent dieses Bierschenks-Recht noch wirklich versteuere, {6v} allein es werde auch aus diesem nur die Frage hervorgehen, daß diese Steuer für die Zukunft aufhören, und von dem Zeitpunkte der Einstellung der Bierschenke zurükgegeben werden müßte.
Wenn daher, wie Sie von Effner gezeigt, über die Frage: ob aus dem Titel der Verjährung und des Herkommens die Bierschenke in Spielsberg getrieben werden dürfe, eine poßeßorische oder petitorische Klage1550 nicht mehr angenommen werden dürfe, so habe das Landgericht sowohl als das General-Kommißariat mit Grund auf die erste Anmeldung des Wirthes zu Günzelhofen1551 das Verbot der Bierschenke gegen Freiherrn von Lerchenfeld erlaßen, und es seie aus dem Mangel der Instrukzion und Citazion keine Nichtigkeit entstanden. Sie seien daher des unzielsezlichen Dafürhaltens, daß der Rekurs des Freiherrn von Lerchenfeld abzuweisen und die General-Kommißariats Entschließung zu bestätigen seie.
Übrigens hielten Sie die Frage: ob dem Freiherrn von {7r} Lerchenfeld eine neue Bierschenks Konzeßion auf Spielsberg verliehen werden sollte zum Reßort des königlichen Ministeriums des Innern geeignet, doch glaubten Sie, daß da die gravirliche Entschließung des General Kommißariates sich auch auf diese Frage erstreke, die Abweisung des Rekurses des Freiherrn von Lerchenfeld nur dann ausgeschrieben werden sollte, wenn auch über die lezte Frage auf Antrag des königlichen Ministeriums verneinend entschieden werde.
Auf die von des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz hierüber verfügte Umfrage und nach erfolgten Abstimmungen
genehmigte der geheime Rath die Anträge des Referenten in der Haupt-Sache, und erklärten sich auch mit dem Referenten darin verstanden, daß da die Frage: ob dem Freiherrn von Lerchenfeld eine neue Bierschenks Konzeßion auf Spielbergs [!] verliehen werden sollte, zum Reßort des Ministeriums des Innern sich eigne, und die gravirliche Entschließung des General-{7v}Kommißariates sich auch auf diese Frage erstreke, die Abweisung des Rekurses des Freiherrn von Lerchenfeld nur dann ausgeschrieben werden solle, wenn auch die lezte Frage auf Antrag des königlichen Ministeriums des Innern verneinend entschieden werde1552.
Kleezehnt (R)
Thurn und Taxis stellt fest, daß im Königreich Bayern von brach liegenden Kleefeldern kein Zehnt zu entrichten ist. Anderslautende Bestimmungen, die im Fürstentum Ansbach galten, sind aufgehoben.
4. In der Streit-Sache der Gemeinde Hechlingen1553 Landgerichts Heidenheim gegen den dortigen Pfarrer Voque1554 Klee-Zehend betreffend1555, erstatteten Herr geheimer Rath Graf von Tassis schriftlichen Vortrag, worin Sie die Geschichte, wie dieser Streit veranlaßt worden, aus den Akten vorlegten, die Erkenntniße der untern Instanzen nebst den Entscheidungs Gründen anführten und den Antrag machten: daß nach den gegenwärtigen Verhältnißen der Provinz Ansbach die Zehendpflichtigen gemäs der baierischen Verordnung von 1793 zu keiner Zehend-Abgabe von ihren in der Brache liegenden Feldern verbunden sein würden1556.
Da nun die preußische Vorschriften von den Jahren 1792 und 1799 bei Vereinigung des Fürstenthums Ansbach {8r} mit dem Königreiche Baiern1557 gemäs der Reichs Konstituzion Titl. I § 21558, dann der hierüber erfolgten Erläuterung vom 6ten Jänner 18091559, und der in Anwendung kommenden baierischen Kulturs-Gesezen aufgehoben, und folglich die Entscheidungs Gründen der 1ten und 2ten Instanz beseitiget seien, wenn nicht durch das in der lezten geheimen Raths Sizung publizirte allerhöchste Reskript Seine Majestät der König befohlen hätten, daß in dem Materiellen der Kulturs Sachen in den ehemaligen Fürstenthümern Ansbach und Baireuth die preußischen Kulturs Geseze bis auf weiters noch ferner zum Grunde gelegt werden sollten1560, wornach folglich die klagenden Zehendpflichtigen in Anwendung der preußischen Vorschriften verbunden blieben, alle Jahre 30 bis 40 Kreuzer, oder alle 3 Jahre 1 fl. – 1 fl. 30 Kreuzer oder 2 fl. von dem Tagwerke Klee im Verhältniße seiner Güte für den Zehend zu entrichten1561.
Herr geheimer Rath Graf von Tassis lasen den hiemit übereinstimmenden Reskripts-Aufsaz ab. {8v} Des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz verfügten hierüber die Umfrage und alle Herrn geheimen Räthe stimmten dafür: daß das in dieser Streit-Sache von dem General-Kommißariate des Oberdonau-Kreises erlaßene Erkenntniß lediglich zu bestätigen, und hiernach der vorgelegte Reskripts Entwurf abzuändern seie.
Der nach diesem Beschluße abgeänderte Reskripts Entwurf wurde von dem königlichen geheimen Rathe genehmiget1562.
Gegen die Nachsteuerforderung der Kommune Gräfenberg hat Johann Ulm auf der Grundlage der erstinstanzlichen Entscheidungen Berufung zum Geheimen Rat eingelegt. Asbeck beantragt, daß Ulm noch einen Beweis vorzubringen hat, und zwar in der Form, die das Generalkommissariat vorgeschrieben hat. Die Geheimen Räte folgen dem Antrag mehrheitlich.
5. Über den Rekurs des Landgerichts Aßeßors Johann Ulm1563 zu Schwabach1564 gegen den Munizipal-Rath respec. die Kommune zu Graefenberg1565 Nachsteuer Forderungen betreffend, erstatteten Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek schriftlichen Vortrag, worin Dieselben die Geschichte dieses Streites und die hierin erfolgten Erkenntniße der untern Instanzen vorlegten, und aus den angegebenen Gründen äußerten, wie {9r} sowohl die Kompetenz des geheimen Rathes als begründet, als auch die Formalien als berichtiget anzusehen.
In Beziehung auf die Materialien dieser Streit-Sache waren Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek der Meinung, daß wenn bei Prüfung derselben davon ausgegangen werde, daß von Seiten des dermaligen Rekurrenten der Streit nur negativ kontentiös, der Klage aber keine Einrede entgegen gesezt worden, auf deren Beweis die Entscheidung des Gegenstandes beruhe, Sie den Gründen, welche das die früheren Erkenntniße reformirende Gutachten der Lehen- und Hoheits-Section motivirten, nichts mehr beizusezen hätten und Sie sich das Resultat dieser Meinung ganz eigen machen müßten. Allein – so vieles sie auch für sich habe, so könnten Sie sich ihr doch nicht anschließen. Sie müßten sich vielmehr für die Meinung der beiden ersten Instanzen, vermög welcher der Rekurrent den Beweis zu führen, und über die Faßung des Beweises für {9v} jene entscheiden, die in dem Erkenntniße des General Kommißariates enthalten.
Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek legten Ihre Ansichten über diesen Gegenstand in dem Vortrage umständlich vor, und zeigten dadurch, warum Sie sich unbedenklich für das Beweis-Thema des General Kommißariates entschieden. Der hiernach verfaßte Reskripts-Entwurf so wie der Vortrag des Referenten der Lehen- und Hoheits Section wurde abgelesen und hierauf von des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz die Umfrage verfügt.
Die königliche Herrn geheimen Räthe Freiherr von Weichs, von Zentner, Graf von Tassis, Graf Carl [Maria] von Arco, von Effner und Graf von Welsperg erklärten sich für die Ansicht und den Antrag des geheimen Raths Referenten. Die Herrn geheimen Räthe Freiherr von Aretin und von Feuerbach {10r} aber aus den in dem Vortrage des Referenten der Lehen und Hoheits Section ausgeführten Gründen, für jenen der Lehen und Hoheits-Section, und so wurde nach der Mehrheit
beschloßen, den von dem geheimen Raths Referenten Freiherrn von Asbek vorgelegten Reskripts Entwurf zu genehmigen1566.
Der König bestätigt die Entscheidungen des Geheimen Rates (27. April 1812).
Anmerkungen
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 836.
Ein Commis ist eine Person (etwa ein Buchhalter, Kassierer, Faktor), der man im Geschäftsleben eine Verrichtung aufträgt, über die sie Rechenschaft abzulegen hat. Krünitz, Encyclopädie Bd. 8, Sp. 245 s.v. C.
VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810, RegBl. 1810, Sp. 642-646 = DVR Nr. 287/1, S. 667-669.
Gemäß der VO vom 8. August 1810, Tit. I, Art. 1 Nr. 17, war es statthaft, in Fällen der „Kränkung des Eigenthums“, die durch das Verfahren der Unterbehörden entstanden war, Berufung beim Geheimen Rat einzulegen, auch wenn zwei gleichlautende Urteile der unteren Instanzen vorlagen, RegBl. 1810, Sp. 644 = DVR S. 668.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 837.
Joseph Maria Freiherr von Lerchenfeld-Aham (geb. 1768), königlicher Kämmerer, Forstmeister von Moosburg. Lang, Adelsbuch, S. 175.
So festgelegt in der VO betr. die „Vervollständigung der Kompetenzregulirung des königlichen geheimen Rathes in administrativ, polizeilich und finanziellen Gegenständen“ vom 8. August 1810, Tit. II Art. 1, RegBl. 1810, Sp. 645 = DVR Nr. 287/1, S. 668.
Die VO betr. „Zehend von Brachfelder-Früchten“ vom 28. September 1793, MGS Bd. 5, Nr. V.105, S. 273f. = Döllinger, Sammlung Bd. 14/2, S. 291f., § 148, wiederholte das bereits bestehende Verbot, den Zehnten von auf Brachfeldern angebautem Klee zu fordern, und dehnte es auf alle „Futterkräuter, welche auf Brachfeldern gebauet werden“, aus.
Konstitution für das Königreich Bayern vom 1. Mai 1808, Tit. I § 2, RegBl. 1808, Sp. 987 = DVR Nr. 286, S. 656: „Alle besondern Verfassungen, Privilegien, Erbämter und Landschaftliche Korporationen der einzelnen Provinzen sind aufgehoben.“
Die „Königliche allerhöchste Erklärung über die konstitutionellen Geseze, wodurch Rechte der Privaten aufgehoben werden“ vom 6. Januar 1809, RegBl. 1809, Sp. 97, stellte klar, „daß bei allen Rechten der Privaten, welche in Folge der Konstitution des Reiches, und der damit verbundenen Edikte, ohne ausdrückliche Festsezung eines Ersaz-Anspruches, aufgehoben worden sind, die Foderung einer Entschädigung weder vom Staate, noch von anderen Interessenten statt habe“.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 837.
Hinweis auf ergangene Entscheidung in vorliegender Rekurssache: RegBl. 1812, Sp. 837.